Kolumbien
Rückenwind für Frieden
Kolumbien wird seit über fünfzig Jahren von bewaffneten Konflikten erschüttert. Ein Friedensabkommen zwischen Regierung und FARC kam 2016 zustande, doch Frieden herrscht noch lange nicht. Gewalt bleibt für viele Menschen eine reale Bedrohung. Der ZFD begleitet einen zerbrechlichen Neuanfang.
Rückenwind für Frieden
„Die Spannungen sind heute so deutlich zu spüren, dass die Luft förmlich knistert. Glücklicherweise wurden wir früh genug benachrichtigt. So können wir verhindern, dass es zu Handgreiflichkeiten kommt. Wir sind hier in der Nähe des indigenen Dorfs „El 20“. Es gibt Streit zwischen einer schwarzen und einer indigenen Gemeinde um Land. Wir schlichten, bevor es zu Gewalt kommt. Mit den verschiedenen Landbesitzern nehmen wir GPS-Punkte, um die Besitzverhältnisse friedlich zu klären.“ Aristarco Rentería, Beauftragter des Bauernverbandes COCOMACIA für die interethnische Kommission (auf dem Foto vorne links)
Wie ist die Lage?
Auseinandersetzungen um Land waren neben der sozialen Ungerechtigkeit wesentliche Auslöser des bewaffneten Konflikts, der Kolumbien seit mehr als 50 Jahren erschüttert. Auch heute kann von Frieden in Kolumbien noch keine Rede sein. Das Friedensabkommen von 2016 zwischen Regierung und FARC war ein bedeutsamer Schritt. Doch die gewaltsamen Auseinandersetzungen halten an. Andere Guerillagruppen und Paramilitärs kämpfen weiterhin um Ressourcen, Bodenschätze und Drogen. Bedrohung und Gewalt gehören noch immer zum Alltag der Menschen in Kolumbien. Wer die Stimme erhebt, läuft Gefahr, bedroht, vertrieben, verhaftet, entführt oder ermordet zu werden.
Wo brennt's?
Durch den bewaffneten Konflikt, durch Bergbau und Energiegewinnungsprojekte haben sich die Probleme verschärft. Die im Friedensabkommen versprochenen Reformen kommen nur schleppend in Gang. Die Konfliktursachen sind längst nicht behoben. Viele Menschen leben in Armut. Mächtige Kräfte stehen dem Friedensprozess im Wege. Sie setzen weiterhin auf Einschüchterung, Gewalt und Mord. All dies ist ein idealer Nährboden für neue Konflikte und noch mehr Gewalt. Am meisten Zündstoff liegt im Zugang zu Land. Zu viele Menschen stehen mit zu wenig Grund und Boden da. Fatal, wo Landwirtschaft eine wesentliche Überlebensquelle ist.
Der Chocó – Schauplatz blutiger Kämpfe
In der Region Chocó kommt es immer häufiger zu Gewalt unter den Menschen. Im Streit um Land prallen indigene, afrokolumbianische und Mestizen-Gemeinden aufeinander. Guerilla und Paramilitärs kämpfen um Gold, Holz und Koka. Im Chocó gibt es kaum jemanden, der nicht vom bewaffneten Konflikt getroffen wurde. Bis auf wenige indigene und afrokolumbianische Gemeinden, die sich in Schutzreservate oder abgelegene Gebiete tief in den Regenwald zurückziehen konnten, sind hier alle Menschen Vertriebene im eigenen Land. Es gab Zeiten, in denen die indigenen, schwarzen und Mestizen-Gemeinden im Chocó friedlich zusammenlebten und sich das verfügbare Land teilten. Heute ist das Konflikt- und Gewaltpotential in der Bevölkerung größer denn je. Für den ZFD steht im Chocó die Gewaltprävention bei Konflikten zwischen den Volksgruppen im Fokus. Durch die Wiederbelebung einer interethnischen Kommission ist es gelungen, die Gewalt einzudämmen und Konflikte zu schlichten.
Zivilgesellschaft – eine entscheidende Kraft im Friedensprozess
Die ZFD-Partnerorganisationen des Chocó konnten bei den Friedensverhandlungen 2014 in Havanna deutlichen Einfluss auf das Friedensabkommen nehmen. Auch zu den aktuellen Verhandlungen zwischen Regierung und ELN unterbreiteten sie einen Vorschlag für ein humanitäres Abkommen. Der ZFD unterstützt die kolumbianische Zivilgesellschaft mit mehr als 20 Fachkräften.
Was zivile Friedensarbeit in Kolumbien mit mehr Ressourcen noch bewirken könnte, erfahren Sie im Gespräch mit Michaela Pfister, Fachkraft des ZFD in Kolumbien.
Fotos: Header: AGEH/Bianca Bauer; Haupttext: AGEH/Michaela Pfister; Teaser oben (von links): Wikimedia Commons/EEIM; Wikimedia Commons / Alphons Stübel; AGEH; Teaser rechts (von oben): AGEH/Michaela Pfister (4x); Alianza Urbana