Im Fokus:
Kolumbien
Kolumbien wird seit über fünfzig Jahren von bewaffneten Konflikten zwischen Militär, Paramilitär und Guerilla erschüttert. Etwa 220.000 Todesopfer forderten die Auseinandersetzungen. Auf der großen Bühne der Politik konnten zwar diplomatische Erfolge erzielt werden. 2016 wurde ein Friedensabkommen unterzeichnet. Doch Frieden herrscht noch lange nicht.
80 Prozent der Toten sind Zivilistinnen und Zivilisten
Wesentlicher Auslöser der bewaffneten Konflikte war die massive soziale Ungleichheit verbunden mit einer extremen Konzentration von Landbesitz in den Händen weniger. Im Zuge der Konflikte hat sich die Lage weiter verschärft: Land wurde beschlagnahmt, verwüstet, vermint. Nach wie vor stehen zu viele Menschen mit zu wenig Land da. Ihre Rechte werden missachtet, Land wird nicht zurückgegeben oder aufs Neue vereinnahmt. Denn auch Bergbau, Energiegewinnungsprojekte und Plantagen fordern täglich mehr Boden. Unter den gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Militär, Paramilitär und Guerilla leidet besonders die Bevölkerung. Seit 1964 sind über 220.000 Tote zu beklagen, davon schätzungsweise 80 Prozent Zivilistinnen und Zivilisten. Zehntausende wurden entführt, verschleppt und ermordet. Über sieben Millionen Menschen mussten ihre Dörfer verlassen. Wer sich wehrt, läuft Gefahr, bedroht, vertrieben, verhaftet oder ermordet zu werden.
Nach dem Konflikt ist vor dem Konflikt
Kolumbien hat seit 2012 einige Schritte in Richtung Frieden gemacht. 2016 mündeten die Verhandlungen zwischen kolumbianischer Regierung und der größten Guerillagruppe „Fuerzas Armadas Revolucionarias de Colombia“ (FARC) in ein historisch bedeutsames Friedensabkommen. Präsident Juan Manuel Santos wurde dafür sogar mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Die Konfliktursachen sind damit jedoch nicht behoben. Eine rasche Umsetzung der in den Friedensverhandlungen beschlossenen Landreform ist erforderlich, um die Lage der Menschen zu verbessern und ein wesentliches Konfliktpotential zu entschärfen.
Außerdem hat die Gewalt mit dem Friedensvertrag nicht aufgehört. Verhandlungen mit der zweitgrößten Guerillabewegung „Ejército de Liberación Nacional“ (ELN) stehen noch ganz am Anfang. Im September 2017 wurde zunächst eine Waffenruhe von 102 Tagen vereinbart. Vielerorts treten wieder Paramilitärs auf. Auch Mitglieder der Streitkräfte gehen weiterhin mit Härte vor.
Wie kommt der Frieden voran?
Die Aussicht auf Frieden ist weiterhin getrübt. Die Menschen stehen vor existentiellen Fragen: Wie umgehen mit einer gewaltvollen Vergangenheit, die längst noch nicht Geschichte ist? Wie überleben, wenn die Zukunft ungewiss bleibt? Wie mit Menschen zusammenleben, die zuvor Angst und Schrecken verbreitet haben?
Der ZFD und seine Partner arbeiten daran, Antworten auf diese Fragen zu finden. Das Engagement zielt darauf ab, lokale Konflikte friedlich zu regeln, die gewaltvolle Vergangenheit aufzuarbeiten, benachteiligten Bevölkerungsgruppen Gehör zu verschaffen und Menschenrechtsverteidigerinnen und Menschenrechtsverteidiger zu schützen.
Foto: Wikimedia Commons/EEIM