Guinea
Hoffnung auf dem Pulverfass
Schlechte Regierungsführung, Armut, Perspektivlosigkeit. Immer mehr Menschen in Guinea gehen auf die Straße. Oft eskalieren die Proteste. Der ZFD hilft, Gewalt vorzubeugen. Eine nationale Friedenskoalition ist bisher der größte Erfolg. Nun steht der Dialog zwischen Sicherheitskräften und Zivilgesellschaft im Fokus.
Hoffnung auf dem Pulverfass
Conakry, 21. Februar 2017. Da sind sie wieder, die Rauchschwaden. Conakry brennt. Diesmal hatte alles mit einem Streik der Lehrerschaft angefangen. Es ging um Perspektiven und angemessenen Lohn. Immer wieder wurde demonstriert. Mal gingen die Lehrerinnen und Lehrer auf die Straße, mal Jugendliche, die sich solidarisch zeigten. Dann mehrte sich der Unmut jener, die wollten, dass Schulen und Unis wieder ihren normalen Betrieb aufnehmen. Auch sie tragen ihre Wut jetzt auf die Straße. Und so werden Barrikaden errichtet, Feuer entfacht und Fäuste erhoben. Es fliegen Steine, es fallen Schüsse. Sechs Leute sterben an diesem Tag in Conakry, mehr als 30 werden verwundet.
Wo brennt´s?
Situationen wie diese sind in Guinea keine Seltenheit. Im Kampf um freie Wahlen und Demokratie kam es immer wieder zu schweren Zusammenstößen. Der traurige Höhepunkt der Gewalt war das Massaker im Stadion von Conakry im September 2009. Streiks und Demonstrationen der Bevölkerung führten tatsächlich zu freien Wahlen und zur Bildung der ersten zivilen Regierung im Dezember 2010. Seitdem hat sich die Lage etwas entspannt. Dennoch kommt es weiterhin zu Ausschreitungen. Zentrum des Protests ist die Hauptstadt Conakry. Hier begehren überwiegend junge Männer auf, die nichts zu verlieren haben. Wenn gewaltbereite Demonstranten auf nicht minder gewaltbereite Sicherheitskräfte prallen, eskaliert die Situation schnell.
Was wirkt?
Trotz allem gibt es Hoffnung. Wichtige Schritte in Richtung Demokratie wurden unternommen. Präsident Condé treibt eine Öffnung Guineas voran und zeigt sich gegenüber der Opposition gesprächsbereit. An der Basis der Gesellschaft kommt davon allerdings wenig an. Damit der Unmut nicht in Gewalt umschlägt, braucht es mehr Demokratie, mehr Dialog, mehr wirtschaftliche Entwicklung. Es braucht auch Strategien, die Gewalt vorbeugen. Hier wirkt der Zivile Friedensdienst. Es wurde schon viel erreicht: Zusammen mit der guineischen Menschenrechtsorganisation OGDH (Organisation Guinéenne de Défense des Droits de l'Homme) hat der ZFD ein „Spinnennetz des Friedens“ aufgebaut, ein landesweites Netzwerk zur Prävention von Gewalt durch zivile Konfliktbearbeitung. Auf dieser Basis wurde „das intelligente Bajonett“ aus der Taufe gehoben.
„Das intelligente Bajonett“
Im Zentrum der Arbeit von OGDH und ZFD steht der Dialog zwischen Sicherheitskräften und Zivilgesellschaft. Das Projektbüro liegt mitten im Zentrum der Konfrontation in der Hauptstadt Conakry. Es steht so in direktem Kontakt zu den Protestgruppen. In Workshops mit den meist jugendlichen Mitgliedern geht es darum, wie sie ihren Unmut auch gewaltfrei äußern können. „Das intelligente Bajonett“ geht aber auch offensiv auf die Sicherheitskräfte zu. Regelmäßige Fortbildungen bringen dem Militär, der Gendarmerie und der Polizei ihre Verantwortung für den Rechtsstaat näher. Sie lernen, Konflikte zu deeskalieren, anstatt sie anzuheizen.
Mit Dialog zur Deeskalation
„Gendarmerie und gewaltbereite Jugendliche standen sich mit Pistolen und Steinschleudern gegenüber. Beim intelligenten Bajonett sitzen sie jetzt gemeinsam am Tisch und reden miteinander“, berichtet ZFD-Fachkraft Susanne Souaré. „Erst wenn dieser Schritt erreicht ist, kann es um den Kern der Konflikte gehen.“ Nun soll ein regelmäßiges Dialogforum entstehen, das Gewalt verhindert und den Weg für die demokratische Entwicklung Guineas ebnet.
Fotos: Header und Haupttext: Mamadou Bachir Diallo; Teaser oben: WFD; Teaser rechts (von oben): Wikimedia Commons/Dr. Blofeld, OGDH/FIDH, WFD (3x)