Umwelt + Frieden: [Mehr] als ein Ziel
Zur 5. Sitzung der UN-Umweltversammlung
Derzeit findet die 5. Sitzung der Umweltversammlung der Vereinten Nationen (UNEA) statt. Dazu kommen Vertreterinnen und Vertreter der UN-Mitgliedsstaaten mit Akteurinnen und Akteuren aus Wirtschaft und Zivilgesellschaft zusammen. Auch diesmal steht das Erreichen der SDG, der Ziele für nachhaltige Entwicklung, im Vordergrund. Die meisten Staaten sind sich einig: Umwelt- und Klimaprobleme behindern das Erreichen der SDG stark. Um dem etwas entgegenzusetzen, stehen inzwischen auch Katastrophenvorsorge und Konfliktbearbeitung im Fokus des UN-Umweltprogramms UNEP, dem Ausrichter der Konferenz. Die UNEA läuft vom 28.2. bis zum 2.3.2022 in Präsenz in Nairobi und ergänzend im virtuellen Raum. Ganz konkret wird über ein globales Plastikabkommen debattiert. An den beiden folgenden Tagen wird dem 50-jährigen Bestehen von UNEP gedacht.
Umweltzerstörung und Klimawandel untergraben Agenda 2030
Angesichts der Klimakrise wird die Bedeutung der Umwelt für die soziale, wirtschaftliche und ökologisch nachhaltige Entwicklung immer offensichtlicher. Inger Andersen, Exekutivdirektorin von UNEP, schätzt, dass der Verlust von Biodiversität und die Zerstörung intakter Ökosysteme zusammen mit Klimawandelfolgen und Umweltverschmutzung das Erreichen von 80 Prozent der SDG gefährden (UNEP, 2021: „Making Peace with Nature“). UNEP will dafür Sorge tragen, dass die Umweltdimension in der gesamten Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung berücksichtigt wird.
Die 17 Sustainable Development Goals (SDG) mit ihren 169 Unterzielen wurden 2015 von der UN-Generalversammlung mit einer Laufzeit bis 2030 beschlossenen (daher: Agenda 2030). Vor diesem Hintergrund hat auch UNEP den eigenen Arbeitsfokus deutlich geweitet: Neben Umweltschutz stehen Katastrophenvorsorge, Klimaschutz und Konfliktbearbeitung ganz oben auf der Agenda des UN-Umweltprogramms.
Dass auch Frieden nicht nur ein Ziel an sich ist (SDG 16: Frieden, Gerechtigkeit & starke Institutionen), sondern wie die Umweltdimension eine breite Palette von SDG-Unterzielen beeinflusst, zeigen die Analysen des Institute for Economics and Peace (IEP), das alljährlich den Global Peace Index bestimmt. 85 Prozent der 169 Ziele, so die IEP-Schätzung, sind mit Frieden verwoben.
Ohne intakte Umwelt kein Frieden
Zur UN-Klimakonferenz COP26 im vergangenen Herbst hatte UNEP insbesondere das konfliktverschärfende Potenzial der Klimakrise betont. Der zeitgleich veröffentlichte Emissions Gap Report 2021 sollte den Verhandlungen zudem einen Push geben. Der Bericht prognostiziert, dass die aktuellen Verpflichtungen der Länder weltweit zu einem Temperaturanstieg von 2,7 Grad Celsius bis zum Ende des Jahrhunderts führen werden – also weit über der im Pariser Klimaabkommen von 2015 vereinbarten Begrenzung auf deutlich unter zwei Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit.
UNEP befasst sich seit 2008 mit den Zusammenhängen zwischen Umwelt, Klima und Konflikt. 2019 wurde in Kooperation mit der EU-Kommission und dem Berliner Forschungsinstitut adelphi ein Arbeitsheft zur Verzahnung von Umwelt- und Friedensarbeit herausgebracht. Diese Verzahnung ist auch ein zentrales Thema im Klima-Hub des Zivilen Friedensdienstes.
Bringt UNEA 5.2 den erwarteten Plastikbann?
Die laufenden Gespräche und Sitzungen der UNEA 5.2 (Teil 1 der 5. Sitzung fand 2021 virtuell statt) werden vor allem von dem Vorhaben geprägt, ein gemeinsames Plastikabkommen auf den Weg zu bringen. Plastikmüll verschmutzt nicht nur die Weltmeere. Mikroplastik findet sich mittlerweile nahezu überall – selbst in unserem Körper. Dass Plastik auch den Klimawandel befeuert, ist weniger bekannt. Vor allem bei dessen Produktion und Verarbeitung fallen erhebliche Mengen CO2 an. Insgesamt kommt der globale Kunststoffsektor laut Plastikatlas von Heinrich-Böll-Stiftung und BUND auf einen CO2-Ausstoß, der in etwa so groß ist wie die von Energieversorgung plus Landwirtschaft in der EU.
Rund um die Entsorgung sind in den letzten Jahren zunehmend auch bilaterale Spannungen aufgekommen. Philippinens Präsident Rodrigo Duterte drohte Kanada 2019 nach einem jahrelangen Streit um 69 Müllcontainer gar mit einem Krieg. Jährlich werden rund 300 Millionen Tonnen Plastik produziert. Vieles davon landet direkt wieder im Müll. Viele westliche Industriestaaten exportieren einen Großteil ihres Plastikmülls nach Südostasien. Doch immer mehr Länder steigen aus dem Müll-Importgeschäft aus. Ein 2019 beschlossenes UN-Abkommen erschwert bereits den Verkauf von schwer zu recycelndem Plastikmüll. Von der UNEA 5.2 wird nun ein verbindlicher Fahrplan zur schrittweisen Beendigung der Plastikverschmutzung erwartet.
Ohne intakte Umwelt kein Frieden,
ohne Frieden kein Umwelt- und Klimaschutz
„Umwelt und Frieden zusammendenken“ fordert auch Rebecca Froese von der Friedensakademie Rheinlandpfalz. In einer Podcastfolge zum Klima-Hub des Zivilen Friedensdienstes erläutert sie, warum das wichtig ist und wie dies im Rahmen von Environmental Peacebuildung gelingt. Im Hub finden sich zudem weitere Argumente und Dokumente zur Verbindung von Friedens- und Umweltarbeit.
Der ZFD-Klima-Hub beschäftigt sich seit 2021 mit den Zusammenhängen zwischen Klima, Konflikt und Kooperation. Dabei wird deutlich, dass Zivile Konfliktbearbeitung unerlässlich ist, um kooperativ durch die Klimakrise zu kommen. „Solange bestehende Konflikte eine Gesellschaft destabilisieren, kann sich diese nicht konstruktiv mit Klimaschutz und Klimaanpassungen beschäftigen“, gibt ZFD-Sprecher Martin Vehrenberg im Interview zu bedenken.
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