Mali

Im Fokus:

Mali ist ein Land voller Potentiale: mit einem großen kulturellen Reichtum, einer jungen Bevölkerung, einer langen landwirtschaftlichen und Handelstradition, reichen Bodenschätzen und uralten Mechanismen der Konfliktbearbeitung. Doch das Land bleibt ein zerbrechliches Gebilde in künstlich gezogenen Grenzen aus der Kolonialzeit.

Ein zerbrechliches Land

Armut und Unzufriedenheit in Mali sind groß, besonders im Norden. Hier kommt es immer wieder zu instabilen Phasen und Gewalt. Die Region wurde lange Zeit vernachlässigt. Statt staatliche Dienste aufzubauen und in die Wirtschaft zu investieren, begünstigte die Regierung die lokalen Eliten. Besonders die nomadisch lebende Bevölkerung (Tuareg, Araber, Fulbe) fühlt sich benachteiligt. Hinzu kommen organisierte Kriminalität und islamistische Gruppen. Eine explosive Mischung. 2012 schlitterte Mali in eine schwere Krise. Ein Militärputsch stürzte die Regierung. Rebellen brachten den Norden unter ihre Gewalt. Es folgte eine Militärintervention mit UN-Mandat, die bis heute andauert. Das 2015 errungene Friedensabkommen wird nur schleppend umgesetzt. Die Lage bleibt angespannt. Die Konfliktursachen sind nicht behoben.

catalan-atlas-bnf-sheet-6-mansa-musa.jpg

Risse im Gefüge

Mali ist ein Binnenstaat in Westafrika mit rund 18,5 Millionen Menschen. Auf dem UN-Index der menschlichen Entwicklung von 2015 belegt Mali Platz 175 von 188 Ländern. Etwa die Hälfte der malischen Bevölkerung lebt in extremer Armut. Der Norden Malis reicht weit in die Sahara hinein. Hier verlaufen wichtige Handels-, aber auch Schmuggelrouten. Seit Jahrzehnten florieren die organisierte Kriminalität mit Drogen, Waffen, Bodenschätzen und der Menschenhandel. Die Nomaden im Norden wurden bereits während der Kolonialzeit an den Rand der Gesellschaft gedrängt. Mit der Unabhängigkeit Malis 1960 hat sich ihre Position weiter verschlechtert. Seit 1961 ist es mehrfach zu Aufständen gekommen. Die Gräben innerhalb der Gesellschaft rissen mit der Zeit immer weiter auf.

senegalese-and-malian-soldiers-train-us-special-forces-mali-01.jpg

Auf der Kippe: Die Krise von 2012

Anfang 2012 beginnt im Norden die vierte sogenannte „Tuareg-Rebellion“. Der Aufstand wird durch Rebellengruppen vorangetrieben, die sich aus Tuareg und anderen Bevölkerungsgruppen speisen. Islamistische Extremisten stacheln die Aufständischen zusätzlich an. Viele der Kämpfer waren zuvor Söldner in der Armee des libyschen Diktators Gaddafi. Nachdem Gaddafi 2011 mit Hilfe einer westlichen Allianz gestürzt worden war, kehrten sie schwer bewaffnet nach Mali zurück. Im März 2012 stürzt ein Militärputsch die malische Regierung in Bamako im Süden des Landes. Im Norden bricht die Staatsmacht völlig zusammen. Miserable Ernten sorgen für eine Nahrungskrise und verschärfen die Situation. Im Juni rufen Rebellen den Staat Azawad mit Gao als Hauptstadt aus. Etwa 500.000 Menschen fliehen. Ende 2012 greift die Afrikanische Union ein. Anfang 2013 kommt die ehemalige Kolonialmacht Frankreich hinzu. Die Rebellion wird gewaltsam niedergeschlagen. Im Sommer 2013 beginnt die bis heute andauernde UN-Mission MINUSMA* mit inzwischen rund 15.000 Blauhelmen (Stand: Oktober 2017), an der sich Deutschland mit bis zu 1.000 Soldatinnen und Soldaten beteiligt.

Friedensprozess im Ausnahmezustand

Die Präsidentschafts- und Parlamentswahlen im Sommer 2013 gehen mit der Hoffnung auf einen Neuanfang einher. Im Juni 2015 kann die neue Regierung unter Ibrahim Boubacar Keita ein Friedensabkommen mit der Rebellengruppe CMA** und der „Plateforme“, einem Zusammenschluss von Rebellengruppen, die für die Einheit des Landes eintreten, unterzeichnen. Die Eckpunkte des „Abkommens von Algier“ sind:

  • mehr Autonomie und wirtschaftliche und soziale Entwicklung für den Norden,
  • Beginn eines gesellschaftlichen Versöhnungsprozesses,
  • Entwaffnung der Rebellen,
  • Reform des Sicherheitssektors.

Doch seitdem wurden keine nennenswerten Fortschritte gemacht. Der Unmut bleibt – und auch die Gewalt flammt immer wieder auf. Zuletzt wurde im September 2017 ein Waffenstillstand vereinbart. Die Sicherheitslage bleibt angespannt. In jüngster Zeit mehren sich die Anschläge in der Mitte und im Süden Malis, genauso wie in den Nachbarländern Burkina Faso, Côte d’Ivoire und Niger. Es ist offensichtlich, dass die Militäroperationen allein Mali nicht befrieden können.

Mali braucht mehr Friedensarbeit

2018 stehen in Mali die Präsidentschaftswahlen und ein Verfassungsreferendum an. Wichtige Schritte in Richtung Frieden und Demokratie. Doch solange die Umsetzung des Friedensabkommens stockt, spitzt sich die Lage weiter zu. Solange die Entwicklung nicht in Gang kommt, bleibt der Norden Malis instabil.

Wenn die militärische Intervention nicht konsequenter von Friedens- und Entwicklungsmaßnahmen begleitet wird, kommt Mali nicht aus der Krise heraus, betont Augustin Cissé, Generalsekretär der malischen ZFD-Partnerorganisation ORFED***, im Interview.

Gemeinsam mit ORFED setzt sich der ZFD im Norden Malis für Versöhnung und Deeskalation ein. Im Süden Malis liegt der Fokus auf der Vermittlung in Konflikten rund um den Goldabbau.

Doch die Friedens- und Entwicklungsmaßnahmen müssen ausgebaut werden, damit die Konfliktursachen effektiver angegangen werden können. Was mit mehr Mitteln möglich wäre? Einen Ausblick gibt ZFD-Fachkraft François Tendeng.


* MINUSMA: Mission multidimensionnelle intégrée des Nations Unies pour la stabilisation au Mali
** CMA: Coordination des mouvements de l'Azawad
*** ORFED: Organisation for reflection, training and education for democracy and development (Organisation für Reflexion, Bildung und Erziehung im Bereich Demokratie und Entwicklung)

Fotos (von oben): EIRENE, Wikimedia Commons / Gallica Digital Library, Wikimedia Commons / Michael R. Noggle