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Verständigung fördern durch Friedensjournalismus

Der Begriff „Friedensjournalismus“ geht auf den norwegischen Friedensforscher Johan Galtung zurück. Man versteht darunter eine Berichterstattung, die Kriege und Krisen nicht einseitig aus der Sicht der Militärs oder nur einer Konfliktpartei darstellt, sondern die sich in den Dienst des Friedens stellt. Oft wird der Begriff „konfliktsensibler Journalismus“ synonym zu „Friedensjournalismus“ verwendet.

Die Idee dahinter: Medien können durch die Art ihrer Berichterstattung Konflikte entweder anfachen – oder sie können zur Deeskalation und Verständigung beitragen. Friedensjournalistische Initiativen wollen das Letztere. Sie erforschen die Hintergründe eines Konflikts, veranschaulichen die Folgen von Krieg und Gewalt für Betroffene auf allen Seiten, berichten über Menschen, die sich gegen Gewalt und für friedliche Konfliktbeilegungen einsetzen, und rücken Lösungen und Verständigung in den Mittelpunkt der Berichterstattung.

Die UNESCO forderte bereits 1978 in einer Erklärung, dass die Massenmedien zur Stärkung des Friedens und der internationalen Verständigung beitragen sollten. Außerdem sollten sie die Menschenrechte fördern und Rassismus, Apartheid und Aufhetzung bekämpfen.

Doch nicht nur die großen Medien, gerade auch regionale und lokale Initiativen können durch Friedensjournalismus zur gewaltfreien Konfliktbearbeitung beitragen. Oft ist für Engagierte dazu das Radio das Medium der Wahl, um möglichst viele Menschen niederschwellig erreichen zu können. Auch über Print- und soziale Medien erreichen viele Initiativen für Friedensjournalismus heute ihre Zielgruppen.

Zum Beispiel die Medienorganisation EYE. Der ZFD-Partner in Ruanda trägt durch journalistische Initiativen zu einer Kultur des Friedens bei. Allen Menschen Gehör zu verschaffen, ist eine wichtige Devise von EYE. Dazu gehören auch die vielen Geflüchteten, vor allem aus der DR Kongo und Burundi, die in Ruanda Schutz gesucht haben. EYE („Ejo Youth Echo“) ist ein Zusammenschluss junger Journalistinnen und Redakteure, die seit 2014 Radiosendungen, Magazine und Content in den sozialen Medien produzieren. Die jungen Medienschaffenden wissen, was ihrer Zielgruppe auf den Nägeln brennt: Themen wie Teenagerschwangerschaften, Drogenmissbrauch, soziale Medien und Konflikte mit Verwandten kommen etwa in der Radiodendung „Ejo“ zur Sprache. In den vergangenen Monaten war das Thema COVID-19 hochaktuell, vor allem in den beengten Verhältnissen der Gefllüchtetencamps. Viel Beachtung findet auch das Magazin „Nyiramubande“, das junge Journalistinnen und Journalisten in Geflüchtetencamps produzieren .

Seit neustem engagiert sich EYE auch in der „Paysannat L School“ im Kirehe District im Osten Ruandas. Mit mehr als 24.000 Schülerinnen und Schülern, darunter viele Geflüchtete aus Burundi und der DR Kongo, ist die Bildungseinrichtung stark überfüllt. Konflikte zwischen Schülerinnen und Schülern unterschiedlicher Herkunft sind keine Seltenheit. Das Team von EYE bildet an der Schule junge Menschen friedensjournalistisch aus und verwirklichte mit ihnen einen monatlichen Newsletter. Das Ziel: Den Dialog fördern zwischen Schülerinnen und Schülern, Lehrkräften, Eltern und der Kommunalverwaltung und friedliche Lösungen für Differenzen finden.

Mehr über die Medienorganisation EYE erfahren Sie auch auf unserer Website und auf der Facebookseite von EYE.

Der ZFD ist in vielen weiteren Regionen weltweit aktiv, um mit seinen Partner Initiativen für Friedensjournalismus aufzubauen und zu stärken. Zum Beispiel auf der Inselgruppe Mindanao im Süden der Philippinen. Seit mehr als 40 Jahren gibt es hier blutige Auseinandersetzungen zwischen Rebellen, Separatisten und der Regierung. 2014 machte ein Abkommen Hoffnung auf Frieden. Doch der Friedensprozess geriet wieder ins Stocken. Der ZFD arbeitet in Mindanao mit Hochschulen und Medienschaffenden zusammen, um einen konfliktsensiblen Journalismus zu ermöglichen. Das Netzwerk KuMuNet betreibt das Radioprogramm „Bangsamoro Jetzt: Stimmen für den Frieden“. In der Sendung wird informiert, diskutiert und deeskaliert. Die Bevölkerung beteiligt sich dabei genauso wie Sprecher der Rebellen und Vertreterinnen der Regierung. Mit dem „Conflict-Sensitive Journalism Teaching Guide“ ist zudem das erste Trainingsmanual zu konfliktsensiblem Journalismus auf den Philippinen erschienen.

Mehr zum Thema Friedensjournalismus in Mindanao lesen Sie in unserer Projektdatenbank oder ausführlich im Mindanao-Beitrag zu unserem Präventions-Dossier.

Seit Beginn der gewaltsamen Auseinandersetzungen in Syrien suchen viele Menschen Schutz im angrenzenden Libanon. Mit dem Andauern der Krise wachsen die Vorbehalte den Geflüchteten gegenüber – nicht zuletzt durch eine eindimensionale Darstellung der Syrerinnen und Syrer in libanesischen Medien als Terroristen oder ungebildete Tagelöhnerinnen. Punktuell kam es deshalb bereits zu Gewaltausbrüchen. Durch Medienarbeit will der ZFD dem etwas entgegensetzen. Ziel ist es, ein friedliches Zusammenleben zu fördern. Der ZFD-Partner Jibal bietet regelmäßig Workshops an, um Medienschaffende für eine sensible Berichterstattung über das Thema Flucht und Migration zu gewinnen. Im Geflüchtetencamp Schatila wurden Geflüchtete zu Bürgerjournalistinnen und -journalisten ausgebildet. Sie betreiben nun den Medienservice كامبجي Campji mit sauber recherchierten und gut aufbereiteten Berichten aus dem Camp.

Mehr über das ZFD-Engagement im Libanon erfahren Sie in unserer Projektdatenbank. Wie das Redaktionsteam  كامبجي Campji auf die Herausforderungen der Corona-Pandemie reagiert hat, erfahren Sie in unserem Beitrag vom 2.7.2020.


Das Foto stammt vom EYE-Projekt in Ruanda, Foto: GIZ/ZFD