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Corona-Pandemie: Infotainment 1. Güte

Wie lässt sich die Bedrohung durch COVID-19 am besten bewältigen? Mit Humor – hat sich das Redaktionsteam von كامبجي Campji im Libanon gedacht und produziert seit Ausbruch der Pandemie kurze Filme, die nicht nur informieren, sondern auch unterhalten. Damit trifft Campji den Nerv ihrer Zielgruppe im Geflüchtetenlager Schatila. Fast zwei Millionen Views hat das populärste Video mittlerweile erzielt.

„Welche Maske soll ich heut bloß tragen? Welche passt denn nur zu meinem Outfit?“ Mit einem Augenzwinkern nimmt Ryan Sukkar in besagtem Video das Tragen der Mund-Nasen-Maske als neuem Fashion-Accessoire auf die Schippe. Um dann ganz beiläufig zu erläutern, warum es Sinn macht, eine Maske in Zeiten von COVID-19 zu tragen, und wie sie anzulegen ist, um bestmöglichen Schutz zu bieten.

COVID-19 erfordert Umdenken

Das Video hat Sukkar gemeinsam mit ihrem Campji-Kollegen Samih Mahmoud produziert. Es ist aus der Not heraus entstanden. Denn eigentlich sind die beiden auf den Straßen Schatilas unterwegs, um Stimmungen einzufangen und direkt mit den Menschen zu sprechen. Sukkar und Mahmoud bezeichnen sich selbst als „Bürgerjournalistinnen und -journalisten“, weil sie selbst im Schatila-Camp am Stadtrand von Beirut leben, die Anliegen ihres Publikums aus eigener Erfahrung kennen und die Menschen eben auch zu Wort kommen lassen.

Die wegen COVID-19 auferlegten Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen erforderten ein Umdenken. Wie können die Menschen erreicht werden, ohne unmittelbar mit ihnen in Kontakt zu treten? In gemeinsamen Videokonferenzen wurden neue Formate entwickelt, die überwiegend von zu Hause produziert werden können. Eine vom ZFD durchgeführte Schulung zur mobilen Berichterstattung gab hierfür wichtige Impulse.

Humor ist, wenn mensch trotzdem lacht

Mit ihrer Herangehensweise, dem Ernst der Lage mit einer Prise Humor zu begegnen, sind die Journalistinnen und Redakteure von Campji enorm erfolgreich. Alle Videos, die in den vergangenen Wochen und Monaten produziert und ins Netz gestellt wurden, erfreuen sich außerordentlicher Beliebtheit. Sie werden gelikt, geteilt, kommentiert – und bringen damit auch ihre Botschaft unter die Leute: Den adäquaten Umgang mit der viralen Gefahr, aber auch mit den Auswirkungen des Lockdowns auf das Leben der Menschen im Camp.

Inzwischen wurden die Ausgangssperren gelockert, sodass die Campji-Mitarbeitenden die Stimmung im Schatila-Camp wieder unmittelbarer einfangen können, indem sie draußen filmen und die Menschen vor Ort interviewen. Schatila liegt am südlichen Stadtrand der libanesischen Hauptstadt Beirut. Das Camp wurde 1949 errichtet und war einst für 3.000 Menschen ausgerichtet. Inzwischen leben hier über 22.000 palästinensische Geflüchtete. Durch den Krieg im Nachbarland Syrien sind seit 2011 nochmals mehrere Tausend syrische Geflüchtete hinzugekommen. Infrastruktur und Versorgungslage sind dem nicht gewachsen. 

Geflüchteten Gehör verschaffen

Campji ist ein Kollektiv von jungen Bürgerjournalistinnen und -journalisten, die aus dem Camp über das Leben im Camp für deren Bewohnerinnen und Bewohner berichten. Über die sozialen Medien werden neben News immer auch außergewöhnliche Geschichten der Menschen erzählt, die gezwungen sind, unter schwierigen Bedingungen als Geflüchtete zu leben, zum Teil bereits seit mehreren Jahrzehnten.

Campji ist ein Projekt der ZFD-Partnerorganisation AL-JANA/ARCPA und wird vom Zivilen Friedensdienst und der DW Akademie unterstützt. Gemeinsam werden Geflüchtete in journalistischen Fertigkeiten geschult und bei der Produktion und Verbreitung der erstellten Inhalte begleitet. Ziel ist es, den Geflüchteten im Libanon eine Stimme zu geben, indem sie befähigt werden, sich selbst Gehör zu verschaffen. Kein Land der Erde beherbergt im Verhältnis zur eigenen Bevölkerung so viele Geflüchtete wie der Libanon. Derzeit haben rund zwei Millionen Menschen im Land Schutz gesucht.


  Wollen Sie mehr über den Libanon erfahren?

Die Artikelreihe Neighbours bietet intensive und überraschende Einblicke in das Leben im Libanon – auch über das Leben in Schatila. Die insgesamt sieben Beiträge wurden im Februar und März 2020 auf der Medienplattform Mashallah News veröffentlicht und gehen mit Illustrationen von Ismaël Abdallah einher (so auch die hier abgebildete). Einer der sieben Neighbours-Beiträge stammt übrigens von Ryan Sukkar und Samih Mahmoud aus dem Campji-Redaktionsteam. Die Neighbours-Reihe ist im Rahmen des Switch Perspective-Projektes entstanden, das von der ZFD-Partnerorganisation JIBAL.org in Kooperation mit Mashallah News und mit Support des ZFD ins Leben gerufen wurde.

Fotos: Video-Stills aus Campji-Produktionen; Foto Videokonferenz: GIZ/ZFD Libanon; Illustration aus der Artikelserie Neighbours: Ismaël Abdallah