Projekt
Zusammen(halt) gegen Gewalt
Land
ZFD-Akteur
Projektland: Bolivien (Südamerika) [vollständiger Name seit 2009: Plurinationaler Staat Bolivien]. Hauptstadt: Sucre, Regierungssitz: La Paz; Bevölkerung: rund 11,8 Mio. Menschen (11 pro km²). Entstehung: Das Gebiet des heutigen Boliviens ist bereits seit 7.000 v.Chr. besiedelt. Ab 1535 wurde es von Spanien erobert. Ab 1536 spanische Kolonie. Ab 1809 Unabhängigkeitskampf gegen die spanische Kolonialmacht. Unabhängigkeit: 1825. Bolivien ist nach dem südamerikanischen Unabhängigkeitskämpfer Simón Bolívar (1783-1830) benannt. Regierungsform: präsidiale Republik. Präsidentschafts- und Parlamentswahlen fanden zuletzt 2020 statt. Die seit 2019 amtierende Interims-Regierung wurde dabei abgewählt. Die Wahlen in 2019 hatten zu einer schweren innenpolitischen Krise geführt, die u.a. mit gewaltsamen Auseinandersetzungen einherging. Human Development Index 2022: Rang 120 (von 193 Ländern); Global Peace Index 2023: Rang 78 (von 163 Ländern).
Projekt: Das Projekt schließt an ein Vorläuferprojekt an, das in Boliviens zweitgrößter Stadt El Alto Friedensprojekte an Schulen durchgeführt, Frauen zu Friedensschaffenden ausgebildet und Konflikte durch Bürgerbeteiligung entschärft hat. Nun wird der Fokus auf die Prävention von häuslicher und sexualisierter Gewalt und die Begleitung betroffener Personen gerichtet. Während der Corona-Pandemie ist das ohnehin hohe Maß an Gewalt weiter gestiegen. Die Partnerorganisationen (PO) und ZFD-Fachkräfte arbeiten daran, Angebote der psychosozialen Betreuung von Kindern, Jugendlichen und Frauen, die Opfer häuslicher Gewalt wurden, auf- und auszubauen. Auch die staatliche Versorgung stärken die PO, bspw. durch Schulungen in Jugendämtern. Zum Zwecke der Prävention und Aufklärung wird u.a. auf Medien-und Öffentlichkeitsarbeit gesetzt. Durch konfliktsensible Inhalte und partizipative Formate wird auf diesem Wege auch der gesellschaftliche Zusammenhalt gefördert, das zweite große Anliegen des Projekts.
Praxisbeispiel: Die PO SEPAMOS arbeitet mit über 1.000 Schüler*innen, Eltern und Lehrkräften zu Gewaltprävention, von Verhaltenstipps bis zur Weiterleitung konkreter Fälle an staatliche Stellen. Doch auch die rechtliche Beratung durch staatliche Stellen ist unzureichend. Deshalb bietet SEPAMOS neben psychosozialer Betreuung und alternativen Therapien für von Gewalt betroffenen Personen auch die Begleitung von Betroffenen an, die ihren Fall zur Anklage bringen. So trauen sich mehr Kinder und Jugendliche, ihr Recht auf Gewaltfreiheit einzufordern.
Konfliktfelder:
Nach der innenpolitischen Krise im Zuge der Präsidentschaftswahl 2019 hat sich die Lage vordergründig beruhigt. Doch die Gesellschaft ist stark polarisiert und der Unmut über die soziale Ungleichheit groß. Armut ist trotz beachtlicher Erfolge in den letzten 20 Jahren weithin verbreitet, vor allem im ländlichen Raum und bei der indigenen Bevölkerung, die vom Aufschwung kaum profitiert hat. Die Ungleichheit zwischen Männern und Frauen beim Zugang zu Bildung, Arbeit und Politik konnte verringert werden, aber Diskriminierung und Gewalt gegen Frauen sind weiterhin ausgeprägt. Auch die Gewalt gegen Kinder steigt, es wird von einer „Naturalisierung der Gewalt“ gesprochen. Darüber hinaus gibt es Defizite des Staates in punkto Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit. Das zeigt sich z.B. bei Ressourcenkonflikten, insbesondere um Wasser und Boden, die mitunter gewaltsam ausgetragen werden. Auch der Abbau von Bodenschätzen (u.a. große Lithium-Vorkommen) und der Ausbau industrieller Landwirtschaft gehen oft zulasten der lokalen Bevölkerung.