Projekt

Die Basis macht's: Vergangenheit aufarbeiten, Minderheiten stärken, Frieden voranbringen

Land

Sri Lanka

ZFD-Akteur

KURVE Wustrow - Bildungs- und Begegnungsstätte für gewaltfreie Aktion

Konfliktkontext: Sri Lanka steht bis heute im Schatten eines von 1983 bis 2009 währenden Bürgerkriegs zwischen tamilischen Rebellengruppen und den jeweiligen Regierungen. Eine Militäroffensive bereitete dem 2009 ein blutiges Ende: Regierung und Militär nahmen schwere Verletzungen des humanitären Völkerrechts in Kauf, um die Rebellengruppen endgültig zu zerschlagen. Allein in der letzten Kriegsphase starben etwa 40.000 Zivilistinnen und Zivilisten. Anschließend wurde der Konflikt offiziell für beendet erklärt. Doch die zugrundeliegenden Konfliktursachen sind längst nicht behoben. Die Wunden von Krieg, Flucht und Vertreibung sind noch frisch. Weiterhin bestimmen Ungleichheit, Armut und Diskriminierung das gesellschaftliche Leben. Einer vor allem buddhistischen Bevölkerungsmehrheit von Singhalesinnen und Singhalesen stehen mehrere Minderheitengruppen gegenüber, vorwiegend hinduistische Tamilinnen und Tamilen (15 Prozent) und tamilsprachige Musliminnen und Muslime (neun Prozent). Etwa sechs Prozent der Bevölkerung gehören einer christlichen Kirche an. Immer wieder flammen Konflikte zwischen Mitgliedern unterschiedlicher Religionsgemeinschaften gewaltsam auf. Am Ostersonntag 2019 erfolgten Anschläge auf drei christliche Kirchen und mehrere Hotels mit über 250 Toten. Im Mai 2019 kam es in der Nordwest-Provinz zu Ausschreitungen gegen muslimische Einrichtungen. Staat und Gesellschaft stehen somit auch zehn Jahre nach Ende des Bürgerkriegs vor der Herausforderung, ein gleichberechtigtes und friedliches Zusammenleben der unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen zu bewirken. Die Ergebnisse der Präsidentschafts- und Parlamentswahlen von 2015 gaben Anlass zur Hoffnung. Die neue Regierung verfolgte einen versöhnlicheren Kurs, der auch der Zivilgesellschaft mehr Möglichkeiten eröffnete. Seit 2018 ist die politische Lage jedoch wieder angespannt: Die Koalitionsregierung wurde im Oktober 2018 vom Präsidenten durch einen Coup-Versuch geschwächt. Im November 2019 wurde der ehemalige Verteidigungsminister Gotabaya Rajapaksa zum Präsidenten gewählt, sein Bruder und vormaliger Präsident Mahinda Rajapaksa zum Premierminister ernannt. Beiden wird ein hartes Vorgehen zum Ende des Krieges und Menschenrechtsverletzungen in der Regierungszeit bis 2015 vorgeworfen, zudem verfolgen sie einen stark singhalesisch-buddhistisch-nationalistischen Kurs. Mit einer Verfassungsänderung im Oktober 2020 wurde die Macht des Präsidenten ausgeweitet und das Parlament, sowie die unabhängige Gerichtsbarkeit geschwächt. Damit sind die Rahmenbedingungen für eine Arbeit zur Aufarbeitung der Vergangenheit, Mitbestimmung von Minderheiten und Annäherung zwischen den Bevölkerungsgruppen stark erschwert.

Projekt: Das Projekt ist vornehmlich im Norden und Osten Sri Lankas angesiedelt. Hier, in den mehrheitlich von Tamilinnen und Tamilen bewohnten Gebieten, hatte der Konflikt zwischen Regierung und Rebellengruppen die schlimmsten Auswirkungen. In den letzten Kriegsmonaten waren mehrere hunderttausend tamilische Zivilistinnen und Zivilisten zwischen den Fronten vorrückender Streitkräfte und der im Rückzug befindlichen Rebellengruppen eingekesselt. Hunderttausende flohen in andere Landesteile. Viele wurden Opfer von schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen und Kriegsverbrechen. Neben Wiederaufbau von Wirtschaft und Infrastruktur ist eine juristische wie auch therapeutische Aufarbeitung dieser Verbrechen zwingend erforderlich. Eine Entwicklung in Richtung Frieden kann darüber hinaus nur gelingen, wenn die tamilische Minderheit in ihren Anliegen berücksichtigt und gleichberechtigt an politischen Entscheidungen beteiligt wird. Um dies zu erreichen, müssen zivilgesellschaftliche Initiativen und Organisationen, wie auch die Menschen vor Ort in ihrer Handlungsfähigkeit gestärkt werden, damit sie Politik und Gesellschaft aktiv mitgestalten können. Neben Trainings, etwa in gewaltfreier Konfliktbearbeitung und strategischer Beratung, engagiert sich eine Fachkraft des ZFD aktuell vor allem im Aufbau von Selbsthilfestrukturen auf der Graswurzelebene (wie zum Beispiel Komitees von Familien der Verschwundenen). Derzeit werden in der Region drei zivilgesellschaftliche Organisationen unterstützt. Die 2012 gegründete Maatram Foundation (Maatram = Veränderung) setzt sich insbesondere für benachteiligte Menschen ein. Sie bietet beispielsweise kostenfreie Ausbildungs- und Freizeitmöglichkeiten für Kinder und Jugendliche aus finanziell schwierigen Verhältnissen. Die Organisation SEED wurde bereits 1995 gegründet und beschäftigt heute rund 110 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. SEED setzt sich ebenfalls schwerpunktmäßig für benachteiligte Bevölkerungsgruppen ein, wie etwa Familien, die unterhalb der Armutsgrenze leben, alleinerziehende Mütter und Menschen mit Behinderungen. Die Partnerorganisation TCSF ist ein Netzwerk tamilischer zivilgesellschaftlicher Akteurinnen und Akteure, die für die Rechte der tamilischen Bevölkerung eintreten. Die Mitglieder vom TSCF organisieren sowohl Fachveranstaltungen (Workshops, Seminare, Konferenzen), als auch kulturelle Veranstaltungen. In erster Linie geht es darum, Menschen auf lokaler Ebene zu stärken. Durch Öffentlichkeits- und Lobbyarbeit werden aber auch Politik und Gesellschaft landesweit auf die Anliegen der tamilischen Bevölkerung aufmerksam gemacht.

Projektpartner

Maatram Foundation
Social, Economical, and Environment Developers (SEED)
Tamil Civil Society Forum (TCSF)

Projektstandorte

Jaffna
Nordprovinz
Vavuniya

Zielgruppen

vornehmlich tamilische Gruppen

ZFD-Fachkräfte (im Einsatz)

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Stand

1. Quartal 2024