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Konfliktbarometer 2018: Der Druck bleibt

Heute hat das Heidelberger Institut für Internationale Konfliktforschung (HIIK) sein neues „Konfliktbarometer“ veröffentlicht. Die Zahl der gewaltsamen Konflikte ist 2018 gegenüber dem Vorjahr von 222 auf 213 leicht gesunken. Zur Präsentation der Ergebnisse war auch der ZFD geladen. Thomas Rößer, ehemals Fachkraft und Koordinator im ZFD, gab einen Einblick in die Arbeit des ZFD.

Die Forscherinnen und Forscher des HIIK präsentierten am heutigen Freitag am Campus Bergheim der Universität Heidelberg die Ergebnisse ihrer aufwändigen Analysen zum weltweiten Konfliktgeschehen in 2018. Der Politikwissenschaftler Thomas Rößer sprach als Gastredner über die Arbeit des Zivilen Friedensdienstes. Dabei machte er deutlich, wie wichtig zivile Friedensarbeit ist, um Konflikte nachhaltig beizulegen.

Schwerpunkt der Vorstellung des HIIK waren die Wechselwirkungen zwischen Hunger und Konflikt, theoretisch aufgearbeitet und abgeglichen an Fallbeispielen wie Jemen, Venezuela, Kongo und Haiti. „Einfache kausale Zusammenhänge helfen nicht weiter. Man kann nicht einfach von Hunger auf Konflikt schließen oder umgekehrt.“ betont Vincent Stüber, der den Schwerpunkt des HIIK vorstellt. „Allerdings können sich Teufelskreisläufe entwickeln, die solch eine Dynamik verstärken.“ 

Das Konfliktbarometer misst Veränderungen von Kriegs- und Konfliktintensität weltweit, die von 200 ehrenamtlichen Mitarbeitenden beobachtet werden. In die Bewertung fließen sowohl quantitative Daten, wie zum Beispiel Anzahl von Flüchtlingen und Todesopfern, als auch qualitative Bewertungen mit ein, unter anderem der Grad der Zerstörung von Infrastruktur, Wohnraum, Wirtschaft oder Gütern, die identitätsstiftend sind. Aus einer Vielzahl von Einzeldaten generiert sich die fünfstufige Bewertungsziffer und Klassifizierung eines Konfliktes zwischen „Disput“ bis hin zu „Krieg“.

Nach Auswertung des HIIK wurden im vergangenen Jahr 213 von 372 politischen Konflikten mit Gewalt ausgetragen. Die Zahl der sogenannten begrenzten Kriege* stieg von 16 auf 24, die Zahl der Kriege* ist von 20 auf 16 gesunken. Auch wenn die Zahl der gewaltsamen Konflikte in 2018 leicht rückläufig war, kann von Entwarnung keine Rede sein. Es bleibt wichtig, jene Kräfte der betroffenen Gesellschaften umfassend zu stärken, die Gewalt eindämmen und Konflikte friedlich aus der Welt schaffen können. Mit Gewalt lassen sich Konflikte nicht nachhaltig beilegen, davon zeugen die Entwicklungen in Ländern wie Irak, Afghanistan und Mali. „Mit vorgehaltener Waffe findet keine Gesellschaft langfristig Frieden. Das geht nur, wenn sich alle Beteiligten an einen Tisch setzen und friedliche Lösungen aushandeln“, sagt Alexander Mauz, Sprecher des Konsortiums Ziviler Friedensdienst. „Erst dann finden auch Entwicklung, Demokratie und Sicherheit ihren Weg.“

Der Zivile Friedensdient ebnet diesen Weg durch Gewaltprävention und Friedensförderung. In den vergangenen 20 Jahren haben rund 1.400 ZFD-Fachkräfte lokale Partner bei der gewaltfreien Bearbeitung von Konflikten unterstützt. Mit Erfolg, aber mit kleinem Budget, so dass die Arbeit oft modellhaft bleiben musste. Dabei hat Friedensförderung auch in der deutschen Bevölkerung Konjunktur: Einer Studie von Conciliation Resources und Allicance for Peacebuilding (die deutsche Auswertung der Studie von FriEnt ist hier zu finden) zufolge sind 70 Prozent der Deutschen überzeugt, dass Friedensförderung mehr deutsche Investitionen brauche. 82 Prozent glauben, dass Friedensförderung eine wichtige Rolle bei der Beendigung von Konflikten spiele.

Die Präsentation des Konfliktbarometers 2018 wie auch den Gastbeitrag von Thomas Rößer zum ZFD können Sie sich hier auf der Facebook-Seite des HIIK ansehen.


Das Heidelberger Institut für Internationale Konfliktforschung (HIIK) erstellt einmal jährlich das sogenannte Konfliktbarometer. Es enthält qualitative Beschreibungen zu Dynamiken politischer Konflikte, einschließlich gewaltsamer und gewaltloser Konflikte. Die gewaltsamen Konflikte werden gemäß der Methodik des HIIK entsprechend ihrer Intensitäten in gewaltsame Krisen, begrenzte Kriege und Kriege unterschieden. Bei der aktuellen Ausgabe handelt es sich bereits um die 27. Auflage, die ab sofort zum kostenlosen Download bereitsteht. Das HIIK untersucht als unabhängiger, gemeinnütziger und interdisziplinärer Verein seit 1991 die Entstehung, den Verlauf und die Beilegung inner-, zwischen-, trans- und substaatlicher politischer Konflikte. Derzeit hat das HIIK über 200 ehrenamtliche Mitarbeitende, überwiegend Studierende, aber auch Promovierende und Alumni. Die Finanzierung erfolgt über Mitgliedsbeiträge, Spenden sowie Abdruck- und Vertragshonorare.

Thomas Rößer war zwischen 2008 und 2014 für den ZFD als Fachkraft in Äthiopien und als Koordinator in Ruanda sowie in Israel und den palästinensischen Gebieten tätig. Derzeit arbeitet er als Referent Afghanistan beim DVV International in Bonn.

Der Zivile Friedensdienst wird am 22. November dieses Jahres 20 Jahre alt. Wofür es sich seit 20 Jahren konstruktiv zu streiten lohnt, erfahren Sie sukzessive unter: www.ziviler-friedensdienst.org/20Jahre


* Definition laut HIIK: Ein politischer Konflikt wird als begrenzter Krieg eingestuft, wenn in diesem physische Gewalt gegen Personen und ggf. gegen Sachen durch mindestens einen der Akteure auf ausgeprägte Weise angewandt wird. Die eingesetzten Mittel und Folgen sind dabei in ihrem Zusammenspiel erheblich. Ein politischer Konflikt wird als Krieg eingestuft, wenn in diesem physische Gewalt gegen Personen und ggf. gegen Sachen durch mindestens einen der Akteure in massivem Ausmaß angewandt wird. Die eingesetzten Mittel und Folgen sind dabei in ihrem Zusammenspiel umfassend. Weitere Details zur Methodik und Arbeitsweise: www.hiik.de

Foto: peace brigades international