Niger: Ressourcenkonflikte im Dialog lösen
ZFD-Projektbeispiel aus Niger
Im Süden Nigers sind viele Menschen von klimasensitiven Einkommensquellen wie Landwirtschaft und Pastoralismus (mobile Viehhaltung) abhängig. Heute schon erschwert der Klimawandel die Situation dieser Menschen. Regenphasen verändern sich, und Wasserquellen versiegen schneller als noch vor einigen Jahren. Konflikte zwischen den Bevölkerungsgruppen verschärfen sich. In dieser Gemengelage sucht ein ZFD-Projekt gemeinsam mit allen Beteiligten Wege für ein friedliches Zusammenleben.
Für die Sahelzone stellt der Klimawandel eine besondere Bedrohung dar. Schon jetzt sind Dürren, ausgelaugte Böden und die weitere Ausdehnung der Wüste große Herausforderungen für die Menschen in der Region. Es ist zu fürchten, dass der Klimawandel diese Entwicklungen weiter verschärfen wird. Auch wissenschaftliche Untersuchungen (1) skizzieren die Gefahr, dass mit steigendem Ressourcendruck Radikalisierung, Terrorismus und Instabilität in der Region zunehmen könnten.
Konflikte kooperativ bearbeiten
Ein ZFD-Projekt im Süden Nigers unterstützt Partner in der Region Dosso dabei, bestehende Konflikte, die durch den Klimawandel weiter verschärft werden, kooperativ zu lösen. Der ZFD Westafrika entwickelt Strukturen und Ansätze, um destabilisierende Folgen des Klimawandels aufzufangen und den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stärken. Der Klimawandel wird von den meisten Akteurinnen und Akteuren bisher eher als abstraktes Thema wahrgenommen. Vordergründig geht es ihnen um Zugang zu Wasserquellen und Weideflächen. Doch etablierte Mechanismen, um die Konflikte im Dialog zu lösen, leisten auch einen wichtigen Beitrag, um die Folgen des Klimawandels heute und in Zukunft besser bewältigen zu können.

Vernetzung und Dialog
Der ZFD Westafrika kooperiert in der Region Dosso mit dem GIZ-Projekt FREXUS (Improving security and climate resilience in a fragile context through the Water-Energy-Food Security Nexus). Bei FREXUS geht es darum, die Sicherheit und Resilienz der lokalen Bevölkerung vor dem Hintergrund der Auswirkungen des Klimawandels zu stärken. Dafür wird ein Frühwarnsystem entwickelt, das die Verfügbarkeit und den Zugang zu natürlichen Ressourcen sicherstellen soll. Vor allem das Thema Wasser ist dabei zentral. Der ZFD Westafrika bringt Partnerorganisationen vor Ort im Dialog zusammen. Es werden Konfliktanalysen erstellt und mit allen beteiligten Parteien nach nachhaltigen Ideen, Mechanismen und Strukturen für das Zusammenleben in der Region gesucht. So geraten neben den ökologischen auch kulturelle und sozioökonomische Zusammenhänge in den Blick.
Konflikte in der Region Dosso
Seit einiger Zeit kommt es zunehmend zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen sesshaften Landwirtinnen und -wirten und mobilen Viehhirtinnen und -hirten in der Region Dosso. Die Situation für Viehhirtinnen und -hirten wird erschwert durch die zunehmende Ausweitung landwirtschaftlicher Flächen auf pastorale Gebiete. Die Weideflächen und damit die Futterquellen für die Tiere zergliedern immer mehr, und häufig ist der Zugang zu Wasserquellen blockiert. Die Viehhirtinnen und Viehhirten sind gezwungen, ihre Wanderrouten anzupassen und in minderwertige und unsichere Gebiete zu ziehen. Oft kreuzen sie dabei landwirtschaftliche Flächen, was zu weiteren Konflikten führt. Die Landwirtinnen und Landwirte dagegen stehen vor der Herausforderung, auf zunehmend ausgelaugten und ausgetrockneten Böden wirtschaften zu müssen.
Das Gefühl, dass die eigene Existenzgrundlage durch die jeweils andere Nutzergruppe gefährdet wird, verstärkt sich zudem durch die zunehmende Ethnisierung des Konflikts: Die Viehhirtinnen und Viehhirten gehören größtenteils zur Bevölkerungsgruppe der Peulh, einer Minderheit in der Region Dosso. Sie fühlen sich gegenüber der Bevölkerungsmehrheit der Landwirtinnen und -wirte, die im Südwesten Dossos größtenteils der kulturellen Gruppe der Djermas angehören, strukturell benachteiligt.
Ein rasches Bevölkerungswachstum, fehlende Ansätze einer nachhaltigen Bewirtschaftung der Böden, die Missachtung von Landrechten, die fehlende staatliche Unterstützung und die insgesamt instabile politische Situation im Land feuern die Konflikte zusätzlich zur Sorge vor extremen Wetterereignissen an.

Lösungen im Dialog finden
Wie lassen sich diese Konflikte bearbeiten? Welche Regeln und Mechanismen greifen, so dass alle Konfliktparteien ihre Existenzgrundlagen aufrechterhalten können? Wie gelingt eine friedliche Kooperation im Hinblick auf die Auswirkungen des Klimawandels? Die Kooperation von ZFD und FREXUS mit den lokalen Partnern verfolgt dabei einen Ansatz, der alle beteiligten Gruppen einbezieht. Wichtig ist es, die kulturelle, soziale und wirtschaftliche Resilienz der Bevölkerung zu fördern. Einer dieser Partner ist die Viehzüchterorganisation FNEN Daddo. „Die Bedürfnisse der Stakeholder müssen gehört und verstanden werden“, sagt Omar Manga von FNEN Daddo. „Alle Akteure in der Region müssen zusammenarbeiten, da dies ein Konflikt ist, der alle betrifft.“ In einem ersten Schritt hat der ZFD Westafrika Interviews mit allen Gruppen in der Region Dosso geführt, um die bestehenden Konflikte grundlegend zu analysieren. In einem weiteren Schritt werden in Dialogveranstaltungen mit den Partnerorganisationen vor Ort kooperative Lösungen entwickelt.Neben den Viehhirtinnen und Landwirten spielen bei diesen Dialogen auch traditionelle Führungspersönlichkeiten wie Dorfchefs und politische Repräsentantinnen und Repräsentanten eine wichtige Rolle, um gemeinsam Strukturen zur Konfliktlösung aufbauen zu können. Künftig sollen auch Synergien mit Bildungsinstituten, Wissenschaft und der Zivilgesellschaft gefördert werden.
Nachhaltigkeit fördern
Bei der Anpassung an die Auswirkungen des Klimawandels geht es in der Region Dosso darum, Land- und Bodenrechte zu respektieren und dabei Kompromisse für Interessenkonflikte zu finden, Wasserzugang für alle sicherzustellen und nachhaltige Anbaumethoden zu entwickeln und umzusetzen. Ebenso relevant ist es, die aufgeheizte Stimmung zwischen den Konfliktparteien durch partizipative Dialogprozesse zu beruhigen und sich auf tragbare Formen des Miteinanders zu verständigen. Partnerschaftliche Friedensarbeit kann dazu beitragen, ein gemeinsames Bewusstsein dafür zu schaffen: Es geht nur mit- und nicht gegeneinander!
Autorin: Nina Nick, ZFD-Fachkraft/GIZ
Climate Security Expert Network (2021): Climate-Fragility Risk Factsheet. The Sahel, online verfügbar unter: https://climate-security-expert-network.org/sites/climate-security-expert-network.org/files/documents/csen_climate_fragility_factsheet_the_sahel.pdf.
McCullough; Leigh; Opitz-Stapleton et al. (2019): When rising temperatures don’t lead to rising tempers, Working Paper, online verfügbar unter:https://cdn.odi.org/media/documents/12946.pdf.
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Fotos: GIZ/ZFD (Header und li.), Pierre Odo (u.re)