Im Fokus:
Philippinen
Die Inselgruppe Mindanao im Süden der Philippinen gilt als strukturschwächste und am wenigsten entwickelte Region des Inselstaates. Die Philippinen bestehen aus 7.000 Inseln, auf denen mehr als 100 Sprachen gesprochen werden. In der Region Mindanao, die etwa ein Drittel des Landes ausmacht, leben rund 20 Millionen Menschen.
Zwischen Reichtum und Armut, zwischen Frieden und Krieg
Seit mehr als 40 Jahren bestehen bewaffnete Konflikte zwischen dem philippinischen Staat und verschiedenen Rebellen- und Separatistengruppen, die für die Unabhängigkeit der überwiegend von Muslimen bewohnten Regionen Mindanaos kämpfen. Mindanao ist aufgrund seiner Naturschätze wirtschaftlich hoch interessant. Doch der Löwenanteil der Gewinne aus Bergbau und industrieller Landwirtschaft geht an wenige Unternehmen, nicht selten mit Sitz im Ausland. Große, insbesondere muslimische und indigene Teile der Bevölkerung sind gegenüber der katholischen Mehrheit benachteiligt. Zu viele leben unterhalb der Armutsgrenze. Solange sich daran nichts ändert, bleibt das Konflikt- und Gewaltpotential bestehen. Und solange der Friedensprozess zwischen Regierung und Rebellen stockt, besteht die Gefahr, dass sich die Kämpfe ausweiten oder weitere Konfliktherde aufflammen.
Die Gewalt grassiert, der Friedensprozess stockt
Vor nicht allzu langer Zeit schien Mindanao auf einem guten Weg. Die Verhandlungen zwischen Regierung und der größten lokalen Rebellengruppe, der Islamischen Befreiungsfront der Moros (MILF) mündeten 2014 in ein Abkommen, das berechtigte Hoffnung auf Frieden machte. Die MILF gab ihren Anspruch auf Unabhängigkeit auf. Im Gegenzug gestand die Regierung den Muslimen auf Mindanao erweiterte Autonomierechte zu. Vereinbart wurde die Gründung einer neuen autonomen Region namens Bangsamoro („Nation der Moro“). Doch der Friedensprozess geriet durch das Aufflammen anderer Konfliktherde ins Wanken.
Im Mai 2017 verhängte Präsident Duterte das Kriegsrecht für Mindanao, nachdem IS-nahe Gruppen bis Oktober die Stadt Marawi eingenommen hatten. Etwa 500.000 Menschen flohen vor den Kämpfen. Auch auf einigen kleineren Inseln südwestlich der Insel Mindanao wird gekämpft. Es treten Gruppierungen auf, die zum Teil der Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS) nahestehen. Auch die gewaltsame Auseinandersetzung zwischen Militär und der kommunistischen Neuen Volksarmee (NPA) dauert an. Die 2016 aufgenommenen Friedensverhandlungen zwischen Regierung und NPA verlaufen schleppend. So prägt weiterhin Gewalt das Leben auf Mindanao.
Ungleichgewicht und Unmut – historisch gewachsen
Die muslimischen Moro sind die größte nichtchristliche Gruppe auf den mehrheitlich römisch-katholischen Philippinen. Sie machen etwa fünf Prozent der Gesamtbevölkerung aus. Auf Mindanao stellen sie gut zwanzig Prozent der Bevölkerung, 1900 waren es noch 80 Prozent. Die Moro versuchen schon seit Jahrzehnten, ihre Eigenständigkeit gegenüber Kolonial- und Besatzungsmächten zu wahren. Seit 1924 fordern sie einen eigenen Staat. 1946 wurden die Philippinen von den USA offiziell in die Unabhängigkeit entlassen, mit Mindanao als Teil des philippinischen Staates. In den 1950er Jahren wurde Mindanao zunehmend von Christen besiedelt – befördert durch die Regierung in Manila. Die Moro wurden damit nicht nur zur Minderheit im eigenen Land, sondern auch ihres Landbesitzes beraubt.
Seit Anfang der 1970er Jahre kämpfte die Moro National Liberation Front (MNLF) gewaltsam für einen unabhängigen Staat. Der Konflikt konnte 1976 kurzfristig entschärft werden. Ein Abkommen zwischen MNLF und Regierung sah ein autonomes Gebiet im Süden der Philippinen unter muslimischer Kontrolle vor. Die Autonome Region Muslimisches Mindanao (ARMM) wurde schließlich 1990 errichtet – allerdings ohne Zustimmung von MNLF und MILF, einer Abspaltung der MNLF. Eine Übereinkunft mit der MNLF konnte 1996 erzielt werden, mit der MILF erst 2014.
Der Weg zum Frieden bleibt steinig – aber begehbar
Maßnahmen zur Umsetzung des Abkommens wurden unter Präsident Duterte wieder aufgenommen. Doch nicht alle von Ungerechtigkeit und Gewalt betroffenen Gruppen fühlen sich im Friedensprozess berücksichtigt. Hinzu kommt, dass wesentliche Konfliktursachen fortbestehen.
Mit der neuerlichen Eskalation ist nicht nur der Friedensprozess ins Stocken geraten. Stabilität und Sicherheit sind bedroht, die Menschenrechtslage stark beeinträchtigt. Doch auch in dieser Situation arbeiten zivilgesellschaftliche Organisationen unermüdlich weiter am Aufbau von Frieden und Gerechtigkeit. Der ZFD unterstützt sie.