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Simbabwe: Landkonflikte friedlich lösen

Landkonflikte gibt es in Simbabwe seit Jahrzehnten. Besonders gefährdet sind Bewohner*innen informeller Siedlungen. Der ZFD-Partnerorganisation CCMT gelingt es in vielen Fällen, die Konflikte durch konstruktiven Dialog friedlich zu lösen. Zum Beispiel in der ehemaligen Bergarbeitersiedlung Vanguard.

Vor allem kleinbäuerliche Familien sind in Simbabwe von Landenteignungen und Zwangsräumungen betroffen. Häufig geht es dabei um staatlich geförderte kommerzielle Interessen, etwa in den Diamantenfeldern von Chiadzwa, wo 600 Familien ihr Land verloren, oder in Chisumbanje, wo 1.600 Familien der Bioethanol-Produktion weichen mussten. Auch öffentliche Infrastrukturvorhaben sorgen immer wieder für Landkonflikte. Der Bau des Tugwi-Mukosi-Staudamms führte 2014 zur Zwangsumsiedlung von 2.000 Familien.

Dabei werden kleinbäuerliche Landrechte weiterhin missachtet und Entschädigungsleistungen im Falle von Landenteignungen sind häufig zu gering. Zugleich nehmen die Landkonflikte im Einzugsgebiet wachsender Groß- und Kleinstädte zu. Besonders gefährdet sind Bewohner*innen informeller Siedlungen. 2005 räumte die Regierung in der „Operation Murambatsvina“ Slums in ganz Simbabwe – laut UN waren mindestens 700.000 Menschen direkt und bis zu 2,4 Millionen indirekt betroffen.

Das Misstrauen Behörden gegenüber sitzt tief

Die Regierung von Simbabwe bemüht sich seit 2020 um ein behutsameres Vorgehen mit dem Ziel, informelle Siedlungen zu legalisieren und umzubauen – es werden Straßen und Stromleitungen sowie öffentliche Dienstleistungen wie Schulen, Polizeistationen und Gesundheitseinrichtungen errichtet. Doch das Misstrauen der betroffenen Gemeinschaften gegenüber den Behörden ist groß und führt oft zu Widerständen.

Beispielhaft ist die ehemalige Bergarbeitersiedlung Vanguard im ländlichen Bezirk Mberengwa, die nach der Schließung des lokalen Asbest-Bergwerks 1982 von Arbeiter*innen besetzt wurde. Mittlerweile leben im Ort 2.300 Menschen, die sich selbst verwalten und Konflikte mit eigenen, teils gewaltsamen Mitteln lösen. Durch die dichte Besiedlung und unzureichende Sanitäranlagen kommt es immer wieder zu Choleraausbrüchen.

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Partnerorganisation vermittelt

Das Mberengwa Rural District Council (RDC), die zuständige kommunale Behörde, versucht seit 2020, die Strukturen in Vanguard zu legalisieren. Die Bewohner*innen wehrten sich jedoch gewaltsam dagegen zu kooperieren und blockierten zeitweise die Zufahrtsstraßen. Das RDC bat deshalb das Centre for Conflict Management and Transformation (CCMT), eine Partnerorganisation des ZFD-Trägers Weltfriedensdienstes, zu vermitteln. Auch für CCMT war es anfangs schwer, die Bewohner*innen zu erreichen. „Es gab Gerüchte, das RDC plane, die Siedlung zu übernehmen und uns aus unseren Häusern zu vertreiben“, erklärt der 55-jährige Tinaye Dewa, Mitglied des Selbstverwaltungskomitees. Er habe Angst gehabt, dass CCMT auf der Seite der Behörde stehe, die kurz davor eine andere Bergbausiedlung mit 200 Familien zugunsten eines Investors räumen ließ.

Aus Hausbesetzer*innen werden Hauseigentümer*innen

Eine erste Annäherung gelang, als CCMT im Frühjahr 2022 Workshops organisierte, an denen Vertreter*innen aller Konfliktparteien teilnahmen. Das Eis brach letztendlich, als CCMT im September 2022 zum Weltfriedenstag ein großes Sportturnier mit rund 800 Einwohner*innen in Vanguard ausrichtete und das RDC öffentlich versicherte, dass die Siedlung nicht geräumt werde. Bald wurde die Entwicklung eines offiziellen Siedlungs- und Infrastrukturplans beschlossen. So werden aus den Hausbesetzer*innen nun Hauseigentümer*innen.  

Vanguard könnte zu einem Vorbild für die ganze Provinz werden. CCMT interveniert gegenwärtig in fünf weiteren Landkonflikten in der Region. Ähnlich wie in Vanguard besteht das Ziel darin, einen Raum für Dialog zu schaffen und gegenseitiges Verständnis und Vertrauen aufzubauen. CCMT unterstützt die Communitys darin, ihre Forderungen konstruktiv vorzubringen. Am Ende sollen von allen Beteiligten akzeptierte Vereinbarungen stehen. Zusätzlich schult CCMT Vertreter*innen der betroffenen Communitys in konfliktsensibler Advocacy-Arbeit, um an politischen Entscheidungsprozessen auf Bezirks- und Provinzebene teilnehmen zu können. Auf nationaler Ebene bemüht sich CCMT in Kooperation mit anderen NGOs und Netzwerken, das Problembewusstsein von Politik und Öffentlichkeit zu informellen Siedlungen, Landenteignungen und Zwangsräumungen zu schärfen.

Vergangenes Jahr gelang CCMT ein großer Erfolg: Im Oktober fand ein Policy-Workshop mit Vertreter*innen von Ministerien, der simbabwischen Infrastruktur-Entwicklungsbank sowie Expert*innen und Community-Repräsentant* innen statt, in dem Maßnahmen, Fallbeispiele und Verbesserungsvorschläge diskutiert wurden.


Der Text erschienen im aktuellen Jahresbericht des Weltfriedensdienstes. Fotos: Tavonga Mutemeri. Das obere Bild zeigt die ehemalige Bergarbeitersiedlung Vanguard, auf dem unteren Bild ist Tinaye Dewa, Mitglied des Selbstverwaltungskomitees, zu sehen. 

Weitere Informationen finden Sie auch in unserer Projektdatenbank.