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Philippinen: Indigene kämpfen um ihre Rechte

Auf den Philippinen bekämpfen sich die Regierung und die kommunistische „Neue Volksarmee“ schon seit über fünf Jahrzehnten. Immer wieder gerät die indigene Bevölkerung dabei zwischen die Fronten. Lokale Friedensaktivist*innen setzen sich daher verstärkt für Frieden und die Bewahrung ihrer Kultur und Umwelt ein.

Die 33-Jährige Rico Pareja ist Lehrerin, transgender und Aktivistin für Gerechtigkeit und Frieden. Sie gehört zu den Manobo in Surigao del Sur, einer der größten indigenen Gruppen in Mindanao. Die Provinz ist bekannt für ihr indigenes Erbe und den Reichtum ihrer Natur. Die Rohstoffindustrie mit ihrem Bergbau und Holzeinschlag hat jedoch tiefe Spuren hinterlassen. Rico Pareja gehört zu einer Gruppe von Friedensaktivist*innen und Vertretungen indigener Gemeinden in der Region, die vom ZFD-Träger forumZFD unterstützt wird.

In der philippinischen Gesellschaft begegnen Indigenen viele Vorurteile. Sie werden oft als ungebildet und leichtgläubig dargestellt. Auf politischer Ebene werden ihre Interessen kaum vertreten. Häufig fällt ihr angestammtes Land industriellen Interessen zum Opfer. Wer sich wehrt, muss mit fingierten Anklagen oder sogar Mord rechnen. „Als Indigene bin ich dafür verantwortlich, unsere Menschenrechte zu verteidigen“, sagt Pareja.

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Mit starkem Rückhalt aus ihrem sozialen Umfeld gelang es ihr, zu studieren. Nach ihrem Abschluss kehrte sie als Lehrerin in ihre Gemeinde zurück. Doch das Glück währte nicht lange. Im Morgengrauen des 1. September 2015 wurden Pareja und die anderen Lehrkräfte von lauten Geräuschen geweckt. Bewaffnete Männer, angeführt von einer antikommunistischen paramilitärischen Gruppe, trieben das gesamte Dorf zusammen. Sie beschuldigten die Dorfbewohner*innen und die Schule, kommunistische Aufständische in der Gegend zu unterstützen. Drei Personen wurden ermordet, darunter der Vorsitzende einer indigenen Gruppe, die sich für den Schutz indigenen Landes und gegen Menschenrechtsverletzungen einsetzt.

Seit Langem sind die Provinz Surigao und andere Gebiete in Mindanao Schauplatz bewaffneter Kämpfe zwischen der philippinischen Regierung und der kommunistischen „Neuen Volksarmee“. Immer wieder sind Indigene davon betroffen. Ganze Gemeinden werden vertrieben. Seit dem Vorfall in der Schule gab es eine Reihe von Menschenrechtsverletzungen in Parejas Gemeinde und den umliegenden Orten. Sie persönlich hatte Mühe, das Erlebte zu verarbeiten, erzählt Pareja. „Es war sehr traumatisch. Ich hatte Angst, andere Menschen zu sehen. Vor allem hatte ich Angst, Männer in Uniform zu sehen.“ 

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Räume für Austausch schaffen

Ihr hilft es jedoch, sich zu öffnen und mit Menschen, denen sie vertraut, über ihre Gefühle zu sprechen und aktiv zu werden. Sie unterstützt indigene Jugendliche dabei, sich für ihre Interessen einzusetzen. Auch Geschlechtergerechtigkeit und die Rechte der LGBT-Community sind für Pareja ein Herzensanliegen. Durch diese Arbeit lernte sie eine Gruppe lokaler Friedensaktivist*innen kennen, die sich für Konfliktbearbeitung in Mindanao stark machen. Die Gruppe schafft einen Raum für Dialog und Austausch. Die Mitglieder reflektieren die Konflikte, denen ihre Gemeinden ausgesetzt sind, und suchen gemeinsam Wege, um damit umzugehen und Veränderungen zu bewirken.

Auf nationaler Ebene führen derzeit die Regierung und die kommunistische Bewegung inoffizielle Gespräche darüber, Friedensverhandlungen wieder aufzunehmen. Rico Pareja hofft darauf, dass das Erfolg hat. Für alle Beteiligten hat sie eine klare Botschaft: Ein echter Frieden könne nicht erreicht werden, wenn die Träume der Indigenen, insbesondere der Schutz ihres angestammten Landes und ihrer Kultur, nicht verwirklicht werden.


Diese Reportage ist zuerst erschienen im Magazin 2/2024 des forumZFD. Für unsere Seite wurde der Text gekürzt und leicht angepasst. Mehr über die Arbeit des ZFD auf den Philippinen erfahren Sie auch in unserer Projektdatenbank.
Fotos: forumZFD