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Philippinen: Das Gold glänzt nicht für alle
13.01.2022Für den 75-Jährigen Hadji Abdulrahman Diabo und die Kagan auf der südphilippinischen Insel Mindanao ist die Goldgewinnung zu einem Spannungspunkt in der Freundschaft mit der benachbarten Bevölkerungsgruppe der Mansaka geworden. Eine lokale Nichtregierungsorganisation versucht nun, die Wogen zu glätten und die ehemals harmonischen Beziehungen wiederherzustellen.
Die Kagan und die Mansaka leben in einer goldreichen Gegend, der Davao-Region. Bereits in den frühen Jahren der Besiedelung lebten die Kagan in Küstengebieten auf Mindanao. Die Bevölkerungsgruppe konvertierte zum Islam. Mit der Christianisierung durch spanische Missionierende zu Beginn des 16. Jahrhunderts traten einige von ihnen zum Christentum über und nannten sich selbst Mansaka. Von da an ließen sich die Mansaka in den höher gelegenen Gegenden nieder, während die Kagan in der Küsten- und Flussuferregion blieben. Jahrhundertelang lebten die beiden Gruppen in Harmonie und heirateten gar untereinander. Bis der Bergbau in den letzten Jahrzehnten ihre friedliche Koexistenz zerstörte.
Diabo steht dem Ältestenrat der Kagan in der Stadt Maco vor. Er hat Land auf der Insel Sanguwan geerbt, gelegen entlang des Hijo-Flusses, der in den weitläufigen, ressourcenreichen Davao-Golf mündet. Der Golf erstreckt sich entlang Dutzender Städte. Er ist Brutstätte für kleine und große ozeanische Fische und beheimatet gefährdete Arten wie Walhaie, Seekühe und Meeresschildkröten. „In meiner Kindheit war das Wasser im Hijo kristallklar. Wir haben daraus getrunken, darin gebadet und unsere Kleidung gewaschen“, erinnert sich Diabo. Der ganze Hijo, soweit er ihn von seinem Haus aus sehen kann, ist mittlerweile trüb. Das Flussbett ist durch das bräunliche Wasser gänzlich unsichtbar.
Für den traurigen Zustand des Flusses macht er den Abbau durch die großen Bergbaufirmen ebenso wie die kleineren illegalen Bergbauaktivitäten in den höher gelegenen Gegenden um die Stadt Maco verantwortlich. Diabo beschreibt den Bergbau „als den größten Bruch in unserem Leben“, da er sie des Trinkwassers, ihrer Hauptnahrungsquelle und ihres Lebensunterhalts beraubt. Die Trinkwasserbrunnen auf der Insel sind kontaminiert und die Fische, die sie als Nahrung und zum Verkauf auf dem Markt brauchen, sind knapp geworden.
Die Folgen des Klimawandels verschärfen die Konfliktlage
Nicht nur der Bergbau und die riesigen Bananen-Monokulturen, die in der Gegend verbreitet sind und zur Verschlammung des Hijo-Flusses beitragen, machen den indigenen Völkern zu schaffen. Auch der Klimawandel bringt völlig neue Herausforderungen mit sich. Diabo beklagt, dass einige Fischarten aufgrund der höheren Wassertemperatur – eine Folge der Erderwärmung – verschwunden sind. Gleichzeitig wird das Wetter, ob regnerisch oder trocken, immer unvorhersehbarer, was die Landwirtschaft stark belastet.
Der Goldabbau im Hochland um die Stadt Maco ist der Grund für Spannungen zwischen Kagan und Mansaka. Die Mansaka haben der Apex Mining Company, einer philippinischen Bergbaufirma, das Recht eingeräumt, auf Teilen ihres 100.000 Hektar großen Ahnenlandes zu operieren. Im Gegenzug erhalten die Mansaka eine Umsatzbeteiligung von der Firma. Auf der anderen Seite beanspruchen die Kagan 8.000 Hektar Land und 13.000 Hektar Wasser, einschließlich des Hijo-Flusses, als ihr angestammtes Gebiet. Die Kagan erhalten nichts von der Umsatzbeteiligung, die Apex an die Mansaka auszahlt.
Ruelo Deporkan, Mitglied der Kagan und indigener Repräsentant im Stadtrat von Maco im Juni 2021, beschreibt die Situation als „unfair für uns“. „Die Mansaka profitieren vom Bergbau, während die Kagan alle negativen Effekte zu spüren bekommen“, sagt er. Deporkan weist darauf hin, dass den nationalen und lokalen Regierungen „die Interessen von großen Bergbauinvestorinnen und -investoren wichtiger“ seien als das Wohlergehen der Bevölkerung und der Umwelt, da sie enorme Steuereinnahmen bringen und Arbeitsplätze schaffen. Er stellt aber auch klar, dass er Apex und die Bananenplantagen in Davao de Oro und dem benachbarten Davao del Norte nicht für die alleinigen Schuldigen der Flussverschmutzung hält. Als weitere Beispiele nennt er die illegalen Bergbauaktivitäten und selbstständigen Bananen-Bauern in der Region.
Ungleiche Machtverhältnisse
Während der letzten neun Jahre repräsentierten Mansaka die indigenen Völker im Stadtrat oder der lokalen Legislative. Erst seit diesem Jahr sind hier die Kagan durch Deporkan vertreten. Dennoch wollen die Mansaka ihren Sitz im Rat nach Ablauf von Deporkans Amtsperiode 2024 zurückgewinnen, da sie sich als die dominante Gruppe in der Gemeinde fühlen. Deporkan berichtet, dass die Kagan sich ein faires Rotationssystem wünschen, und hat einen entsprechenden Vorschlag zur Entscheidung durch die nationale Regierung eingereicht.
Während der drei Amtszeiten der Mansaka als indigene Vertretung seien die Kagan vermeintlich nicht beachtet worden, beklagt Deporkan, „so als gäbe es uns gar nicht“. Seine höchste Priorität sei nun, den Graben zwischen den beiden Völkern zu schließen.
Initiative für gewaltfreie Konfliktbearbeitung
Mit seinem Bemühen um ein Wiederaufleben von Harmonie und Vertrauen zwischen den Kagan und Mansaka steht Deporkan nicht allein da. Er bekommt Unterstützung von der Learned Kagan Muslim Foundation, Inc. (LKMFI), einer Organisation mit mehr als 100 Mitgliedern, darunter auch junge Fachkräfte. Seit letztem Jahr arbeitet ZFD-Träger forumZFD mit der LKMFI zusammen, um den Frieden unter den indigenen Völkern und anderen Akteurinnen und Akteuren in der Provinz Davao de Oro zu fördern. Das gemeinsame Projekt beschäftigt sich mit der Förderung von gewaltfreier Konfliktbearbeitung. Dabei stärkt das forumZFD die institutionellen Kapazitäten der LKMFI, Konflikte mithilfe von Dialogen beizulegen. Bevor konkrete Aktivitäten durchgeführt wurden, investierte das forumZFD viel Zeit, um die Grundlagen zu erarbeiten, insbesondere um das Vertrauen mit LKMFI und den Führungspersonen der Kagan aufzubauen.
„Unser Ziel ist es, Dialog zum bevorzugten Mittel der Konfliktbearbeitung zu machen“, sagt Gabrielle Sagaral, Projektreferentin. „Die Kagan setzen ihre eigenen indigenen Mechanismen zur Konfliktlösung für kleinere Konflikte innerhalb ihrer Gemeinschaften ein. Diese Mechanismen sind nur schwer auf größere, komplexere Konflikte – wie den Streit über die Umsatzbeteiligung aus dem Bergbau – übertragbar. Trotzdem bilden sie eine gute Basis, auf die das forumZFD aufbauen kann“, fügt sie hinzu. Das forumZFD ermutige die LKMFI dazu, so Sagaral, weitere Akteurinnen und Akteure in der Region in einer Art Brückenfunktion hinzuzuziehen, um den Konflikt zwischen Kagan und Mansaka beizulegen.
Abdul Rasad Sawat, zuständiger Geschäftsführer der LKMFI, ist überzeugt, dass Dialog ein guter Weg sei, mit Differenzen umzugehen, anstatt gewalttätige Konfrontation zu suchen. „Es gab bereits erste Gespräche zwischen uns und den Mansaka, nicht nur zur Frage der Umsatzbeteiligung großer Bergbauunternehmen“, sagt er. „Wir wollen unsere guten Beziehungen wiederherstellen, und zwar mit gewaltfreien Mitteln.“
Text: Romer Sarmiento / forumZFD
Foto: forumZFD
Dieser gekürzte Beitrag erschien zuerst im englischsprachigen Original als Blog-Beitrag am 8. Oktober 2021 auf der Philippinen-Programmseite des ZFD-Trägers forumZFD. In deutscher Übersetzung wurde der Artikel im MAGAZIN 04/2021 des forumZFD veröffentlicht.
Mehr über die Auswirkungen des Klimawandels auf die Konfliktlage in den Philippinen erfahren Sie im forumZFD-Factsheet „Klimawandel und Konflikte in den Philippinen“.
Dieser Beitrag ist in voller Länge im Hub „Frieden verbessert das Klima“ des Zivilen Friedensdienstes erschienen. Dort zeigen Projektbeispiele und Fachbeiträge, welche Rolle Ziviler Konfliktbearbeitung bei der Bewältigung des Klimawandels und seiner Folgen zukommt.