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Klimakrise: Environmental Peacebuilding als Chance

Getragen von einem breiten zivilgesellschaftlichen Bündnis starten am morgigen 15. September allein in Deutschland rund 200 Demonstrationen zum Globalen Klimastreik. Die Ausmaße der Klimakrise werden mittlerweile auch in Deutschland deutlich spürbarer. Im Globalen Süden verschärfen die Auswirkungen des Klimawandels vielerorts bereits bestehende Konflikte und rufen zusätzliche hervor. Umweltverschmutzung und Verlust der Biodiversität beschleunigen die Ressourcenknappheit und soziale Ungleichheit, insbesondere in fragilen Kontexten.

Konflikte um Land und Ressourcen waren seit jeher Ursache von Gewalt und bewaffneten Auseinandersetzungen und somit Handlungsfeld des Zivilen Friedensdienstes (ZFD). Wir nehmen die morgigen Proteste der #FridaysForFuture-Bewegung deshalb zum Anlass, unseren Ansatz des Environmental Peacebuildings, also der gewaltfreien Bearbeitung von Land-, Ressourcen-, und klimawandelbedingten Konflikten, in den Fokus zu stellen.

Dort, wo es ohnehin schon brennt, kann der Klimawandel zum Brandbeschleuniger werden. Doch nicht die Konflikte sind das Problem, sondern die Art damit umzugehen. Auf dem Weg durch die Klimakrise hilft Zivile Konfliktbearbeitung dabei, die Weichen frühzeitig auf Kooperation zu stellen. Mit unseren lokalen Partnerorganisationen gestalten wir einen Dialog zwischen verschiedenen Akteuren und stoßen gemeinsames Handeln für den ökologischen Wandel und gerechten Frieden an.

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Kamel-Karawane in Kenia

Zum Beispiel in Kenia: Im Norden des Landes organisieren die Partnerorganisationen IMPACT Kenya und Isiolo Peace Link des ZFD-Trägers Weltfriedensdienst jährlich die Camel Caravan entlang des Flusses Ewaso Ng´iro. In der Vergangenheit konkurrierten verschiedene Teile der Bevölkerung häufig um die Wassernutzung, was zu zahlreichen, oft gewaltvollen Konflikten führte. Während der Karawane besuchen verschiedene Interessengruppen Siedlungen entlang des Flusses und kommen miteinander ins Gespräch.

Der Dialog hat Erfolg: Viele illegale Wasserleitungen wurden abgestellt, weniger Uferwälder abgeholzt und weniger Sand im Flusslauf entnommen. Ein neues kommunales Forum ermöglicht Gemeinschaftsinitiativen wie das Pflanzen von Bäumen in Quellgebieten; ein kürzlich initiierter Multi-Stakeholder- Ansatz soll das Feuchtgebiet um den Lake Olbolosat schützen.

Die Kamelkarawane hat das gegenseitige Verständnis zwischen Gemeinden am Ober- und Unterlauf des Flusssystems gefördert und so weitere gewaltsame Konflikte verhindert.

Weitere Infos finden Sie unter Karawane für Nachhaltigkeit und Frieden und auf den Seiten des Weltfriedensdienstes.

Die Interessen von Betroffenen aufgreifen

Die Partnerorganisationen des ZFD gestalten ihre Strategien so, dass spezifisches Wissen und Erfahrungen von Frauen und marginalisierten Gruppen im Environmental Peacebuilding zum Tragen kommen. Wir verfolgen einen menschenrechtsbasierten Ansatz: Er kombiniert Empowerment und Mediation, stärkt Menschen bei der Wahrnehmung ihrer Rechte, sensibilisiert staatliche Stellen und Privatwirtschaft für ihre menschenrechtlichen Pflichten und nimmt sie in die Verantwortung.

Zivilgesellschaftliche Partnerorganisationen werden darin gestärkt, die Interessen der Betroffenen von Land-, Ressourcen- und klimawandelbedingten Konflikten aufzugreifen und sie wirksam in gesellschaftliche Aushandlungsprozesse einzubringen. Dabei werden marginalisierte Bevölkerungsgruppen befähigt, ihre Bedarfe gegenüber verantwortlichen Akteuren auf den verschiedenen Ebenen zu artikulieren und Einfluss zu nehmen auf kommunale, nationale und letztlich auch internationale Entscheidungsprozesse und -träger.

Ressourcennutzung in Sierra Leone

Ein weiteres Beispiel für diesen Ansatz ist die Arbeit des Netzwerks SilNoRF (Sierra Leone Network on the Right to Food), in dem zahleiche zivilgesellschaftliche Organisationen ihr Engagement für Umweltschutz, Ernährungssicherung und Menschrechte in Sierra Leone bündeln. In Sierra Leone initiiert und begleitet die Partnerorganisation des ZFD-Trägers Brot für die Welt Prozesse zur Bearbeitung von Gewaltkonflikten um natürliche Ressourcen mit Gemeindevertretenden, Frauen- und Jugendgruppen, Lokalregierung, staatlichen Behörden, Unternehmen und traditionellen Autoritäten.

Um nachhaltigen Ergebnisse zu erreichen, ist es wichtig, dass alle Sichtweisen repräsentiert werden, die Moderation das Vertrauen aller Parteien genießt und die Ziele des Prozesses klar sind. Alle Beteiligten sollen die Möglichkeit erkennen können, dass der Prozess für sie eine Verbesserung bringen kann. Dadurch wird Vertrauen aufgebaut und die gleichberechtigte Teilhabe aller am Gespräch sichergestellt.

So ist es den Partnern in Sierra Leone seit Gründung des Netzwerks 2010 schon wiederholt gelungen, Konflikte zu entschärfen und die Rechte der ländlichen Bevölkerung zu stärken. Als besonderen Erfolg ihrer Arbeit werten die Akteure von SilNoRF auch zwei neue Gesetze, die das Parlament von Sierra Leone kürzlich verabschiedet hat: Sie sollen dazu beitragen, die Rechte der ländlichen Bevölkerung, insbesondere auch die von Frauen, vor der Landnahme durch große Bergbau- und Agrarkonzerne zu schützen. 

Weitere Informationen finden Sie in unserer Projektdatenbank.


Unser HUB „Frieden verbessert das Klima“ ist eine wahre Fundgrube für das Thema. Hier finden Sie neben Praxisbeispielen aus der Arbeit des ZFD auch Hintergrundinformationen aus Forschung und Praxis sowie einen umfangreichen Infopool mit Links und Literaturempfehlungen.

Die Fotos stammen von Brot für die Welt (oben) und dem Weltfriedensdienst.