Impuls Mazedonien
„Was wir erreicht haben, ist schon eine große Leistung.“
Eine kleine Initiative revolutioniert die mazedonische Bildungspolitik und wird zum Vorbild für Initiativen in der Region und im Ausland. Was ist das Erfolgsrezept der Organisation LOJA? Und was könnte mit mehr Mitteln noch erreicht werden? Ein Gespräch mit Geschäftsführer Bujar Luma.
LOJA ist von einer kleinen Organisation zu einer der führenden NGO in der Bildungspolitik geworden. LOJA hat das Bildungssystem durch multikulturelle Konzepte verändert. Wie haben Sie das geschafft?
Alles begann sehr spontan und sehr, sehr klein, als wir im Zuge des Kosovo-Kriegs ein Theaterstück namens „LOJA ne oborrin e pasëm“ (Spiele auf dem Hinterhof) für geflüchtete Kinder aufführten. Wir merkten schnell, dass die Konflikte auch vor Mazedonien nicht Halt machen würden. Daher wollten wir eine Struktur schaffen, die Gewalt vorbeugt – wir gaben ihr den Namen LOJA, um daran zu erinnern, wie alles angefangen hat. Dass sich LOJA zu einem bedeutsamen Akteur in Mazedonien und der Region entwickelt hat, liegt vor allem am Engagement des gesamten Teams und seiner Überzeugung, dass friedliche und zivile Aktionen fruchten. Wir sind darüber hinaus eine der wenigen Organisationen, wenn nicht die einzige, die auf allen Ebenen mit einem ethnisch gemischten Team arbeitet. Wichtig für den Erfolg von LOJA ist außerdem die partnerschaftliche Zusammenarbeit mit allen, die an unsere Arbeit geglaubt haben. Die KURVE Wustrow hat uns im Rahmen des ZFD beispielsweise entscheidend bei der Organisationsentwicklung unterstützt. Unsere Verbindungen – von der Graswurzel- bis zur politischen Ebene, von der internationalen Gemeinschaft bis in die Region – waren und sind ebenfalls sehr hilfreich. All das führte dazu, dass das ZFD-Projekt und Initiativen wie die Transformer heute Inspiration für viele andere Initiativen sind.
Welche gesellschaftlichen Wirkungen der Arbeit können Sie beobachten?
Menschen, die wir trainiert haben, sind an bedeutsamen gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen beteiligt – innerhalb der Zivilgesellschaft und auf der politischen Bühne. Wir haben viele Menschen dazu gebracht, sich aktiver einzubringen und zu engagieren. So ist durch unsere Aktivitäten über die Zeit eine Kultur der aktiven Zivilgesellschaft gewachsen. Auf diese Weise kommen immer häufiger gewaltfreie Methoden der Konfliktbearbeitung und des gesellschaftlichen Engagements zur Anwendung. So werden sensible Themen angepackt. Immer mehr Menschen werden zu Stimmen der Veränderung. Unsere Kooperation mit den Universitäten hat ein nachhaltiges Instrument zur Gewaltprävention hervorgebracht. Wir sind auf dem Weg, diese Ansätze zu institutionalisieren, sodass sie auch langfristig Bestand haben.

Welchen Beitrag leisten Sie damit für Frieden und Gewaltprävention?
Die Praxis zeigt, dass LOJA und insbesondere das vom ZFD unterstützte Projekt, einen wesentlichen Beitrag zur Gewaltprävention leistet. Dieses Potential können wir immer besser ausschöpfen. Inzwischen bauen wir auf einem großen Erfahrungsschatz auf. Wir haben ein gut etabliertes Netzwerk, von der Graswurzelebene über die politischen Entscheidungsträgerinnen und -träger bis zu internationalen Akteuren. LOJA hat sich eine gute Reputation erarbeitet. Das gemeinsame Engagement von LOJA und ZFD könnte aber noch mehr erreichen. Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass der gegenwärtige Frieden keine Endstation ist. Wir leben nach wie vor in einem fragilen Frieden und einer fragilen Demokratie. Die Ergebnisse, die wir erzielt haben, und die Prozesse, die wir initiiert haben, müssen kontinuierlich beobachtet und weiterhin unterstützt werden.
LOJA kann bereits große Erfolge bei der multikulturellen Annäherung im Land verbuchen. Was könnten Sie mit mehr Unterstützung noch erreichen?
Was wir bislang erreicht haben, ist schon eine große Leistung. Wir arbeiten daran, den Fortbestand des Erreichten zu sichern, auch wenn wir nicht mehr involviert sind. Mit mehr Mitteln könnten wir unsere Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft und mit den Medien ausbauen. Wir könnten mehr Aktivistinnen und Aktivisten trainieren und mehr mit ihnen zusammenarbeiten. Deren Initiativen könnten dann auch medial mehr Aufmerksamkeit erfahren. Das würde die Nachhaltigkeit des Projekts noch mehr sichern.
Inwiefern ist die Arbeit LOJAs Modell für andere Kontexte oder Länder, die unter einer Spaltung der Gesellschaft leiden?
LOJAs Projekte standen Pate für vielfältige Vorhaben in Mazedonien und der gesamten Balkanregion. Dabei haben wir zahlreiche regionale Initiativen beraten und ihre Gründung zum Teil überhaupt erst ermöglicht. Zuletzt hat LOJA das „Regional Cooperation Youth Office of Western Balkans“ unterstützt, die sich auf Jugendaustauschprogramme konzentriert. Ein weiteres Beispiel unserer Unterstützung ist das „Network of Participative Culture of Remembrance“, ein Projekt, das ebenfalls den Westbalkan im Fokus hat (Mazedonien, Serbien, Kosovo, Bosnien-Herzegowina), aber auch Deutschland, Polen, Frankreich und die USA. Das Projekt hat sich sensiblen Themen der schwierigen Vergangenheit gestellt, die sich bis heute auf die Gegenwart auswirken. Dazu wurden Trainingsmethoden aus der Arbeit von LOJA und ZFD mit künstlerischen Techniken kombiniert. Es gibt eine Vielzahl weiterer Beispiele, wo LOJA in regionalen und internationalen Initiativen involviert war. Momentan zeigen die Mittelmeerstaaten (Marokko, Tunesien, Algerien, Spanien, Frankreich, Italien, Türkei) und ein paar europäische Länder einschließlich Deutschland Interesse daran, ein Netzwerk aus Organisationen zu bilden, die Radikalisierung und Extremismus bekämpfen. LOJA wurde dazu als beispielhaftes Erfolgsmodell eingeladen.

Bujar Luma ist einer der bedeutendsten interkulturellen Mediatoren innerhalb der Konfliktregionen des Balkans. Er ist Gründer der ZFD-Partnerorganisation „Centre for Balkan Cooperation LOJA“ (CBC-LOJA). Die Nichtregierungsorganisation wurde 1999/2000 als Antwort auf die ethnischen Konflikte in Ex-Jugoslawien gegründet und hat sich zu einem Modell für viele andere Initiativen entwickelt. Als Theaterdirektor integriert Bujar Luma Techniken des modernen Theaters und der neuen Medien in seine Arbeit, um den Dialog zwischen den verschiedenen Bevölkerungsgruppen in Gang zu bringen. Bujar Luma ist auch auf internationalem Parkett gefragt. Er ist als Berater bei verschiedenen europäischen und transatlantischen Projekten und Organisationen aktiv. Neben seinem gesellschaftspolitischen Engagement arbeitet Bujar Luma weiterhin als Freelancer in verschiedenen Theaterprojekten in ganz Europa mit.
Fotos: LOJA