Aktuelles
ZFD im Gespräch: Interview mit Dagmar Seybold
26.08.2025Am Wochenende fand im BMZ in Berlin der Tag der offenen Tür statt, bei dem auch der Zivile Friedensdienst mit einem Infostand vertreten war. Tatkräftig unterstützt wurden wir von Dagmar Seybold, die als Fachkraft unter anderem zwei Jahre mit dem ZFD-Träger GIZ in Guatemala verbracht hat. Am Rande der Veranstaltung hatten wir Gelegenheit, uns über ihre Zeit als Fachkraft und ihren Blick auf den ZFD auszutauschen.
Wie bist Du auf den Zivilen Friedensdienst gekommen?
Ich habe einige Jahre für CAREA, eine Organisation zu Menschenrechtsbeobachtungen in Mexiko und Guatemala gearbeitet. Über diese Tätigkeit habe ich auch den ZFD kennengelernt.
Wie kann man sich Deine Arbeit als ZFD-Fachkraft in Guatemala vorstellen? Was war dort Deine Aufgabe?
Von 2014 bis 2016 habe ich in der ländlichen Region Maya-Ixil als einzige Nichtindigene in der Organisation Ajkemab´Rech K´aslemal gearbeitet. Ihr Ziel ist es, den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stärken, nachdem durch Militärdiktaturen und Völkermord indigene Kulturen systematisch zerstört wurden. Es geht um die Stärkung und Aktualisierung der Maya-Institutionen und ein Miteinander mit den staatlichen Institutionen.
Meine Hauptaufgaben waren die Beratung der Partnerorganisation unter anderem in Projektmanagement und Methoden der Zivilen Konfliktbearbeitung. Gemeinsam sind wir auch ein für uns alle neues Handlungsfeld angegangen: Wir haben den Konfliktherd der unvollständigen, fehlenden und unklaren Landtiteln recherchiert und eine niedrigschwellige Möglichkeit der offiziellen Anerkennung der Landrechte erarbeitet.
Was sich durch die Arbeit des ZFD in Guatemala verändert?
Beispielsweise ermöglichten die Partnerorganisationen CAFCA FAFG und GAM mittels Exhumierungen und Identifizierung von während der Militärdiktaturen Ermordeten unzähligen Familien, Klarheit über das Schicksal ihrer Angehörigen zu erlangen. Die Partnerorganisation ECAP unterstützt Frauen, die Gewalt erlebten. So waren indigene Frauen aus dem Dorf Sepur Zarco 1982 durch Militärangehörige entführt, gefoltert und versklavt worden. Jahre später trug die psychosoziale Begleitung der Frauen dazu bei, dass 15 betroffene Frauen einen Gerichtsprozess anstrengten. In diesem Präzedenzfall wurden erstmals zwei der Täter verurteilt und sexualisierte Gewalt sowie häusliche und sexuelle Sklaverei als Verbrechen gegen die Menschlichkeit gewertet.
Im Zivilen Friedensdienst geht es um gewaltfreie Konfliktbearbeitung. Was hast Du während Deiner Zeit über die Entstehung von gewaltsamen Konflikten gelernt?
Durch die Arbeit sowohl in Lateinamerika als auch im Nahen Osten habe ich konkret erlebt, wie unterschiedlich Gewalt motiviert sein kann: Gewalt, um sich wirtschaftliche Vorteile zu verschaffen oder überwiegend ideologisch motivierte Gewalt. Deshalb gibt es auch sehr unterschiedliche Lösungsansätze für die Konfliktlösung und die Beendigung von Gewalt.
Was ist für Dich das Besondere am Zivilen Friedensdienst?
Der ZFD deckt eine große Bandbreite ab, sowohl was die Trägerorganisationen, als auch, was die Partnerorganisationen in den Projektländern angeht: von kleinen lokalen Initiativen, die in ihrem unmittelbaren Umfeld für die Einhaltung der Rechte ihrer eigenen Gemeinschaft streiten bis hin zu hoch spezialisierten Menschenrechtsorganisationen, die bis zur Ebene der internationalen Gerichtsbarkeit arbeiten.
Der Zivile Friedensdienst ermöglicht gerade durch die Mitarbeit in einheimischen Organisationen Einblicke in lokale Konfliktdynamiken. Dass man so „nah dran“ ist kenne ich sonst kaum in der Entwicklungszusammenarbeit. Und das ermöglicht erst, Konfliktlogiken zur erkennen, die Außenstehenden verborgen bleiben, für die aber in der Konfliktbearbeitung Raum sein muss.
Was nimmst Du aus Deiner Zeit im Zivilen Friedensdienst mit in Dein heutiges Leben?
Derzeit arbeite ich im fairen Handel als Geschäftsleitung eines Weltladens. Meine Erfahrungen im ZFD helfen mir, die Lebensrealitäten der Warenproduzent*innen besser einordnen zu können. Und entsprechend unserer Kundschaft und in unserer Bildungsarbeit die Relevanz und Wirksamkeit des fairen Handels anschaulicher zu vermitteln.
Foto: ehemalige ZFD-Fachkraft Dagmar Seybold (links) im Gespräch mit Nicola Quarz vom ZFD
