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Westlicher Balkan: Wie Kunst Frieden formt
06.02.2025In Sarajevo fand im September 2024 das erste Female Art Rising Festival (FAR) statt. Ziel des Festivals war es, zu zeigen, wie Kunst als Katalysator für sozialen Wandel wirken kann. Es bot zudem eine Plattform für Stimmen, die in der Post-Konflikt-Gesellschaft des westlichen Balkans nach Gerechtigkeit und Einheit streben.
Die anhaltenden Folgen der Kriege in den westlichen Balkanstaaten sind nach wie vor spürbar – vor allem durch ein allgegenwärtiges Misstrauen, das sozialen Zusammenhalt und politische Stabilität erschwert. Die gewaltvollen Konflikte von 1991 bis 2001, die aus dem Zerfall Jugoslawiens resultierten, forderten schätzungsweise 140.000 Todesopfer und führten zu Millionen von Vertriebenen. Noch heute schmerzen die tiefen psychischen Narben dieser Kriege und das entstandene Misstrauen stellt die Versöhnungsbemühungen vor große Herausforderungen.
Künstlerinnen im Fokus
In diesem Kontext bot das FAR-Festival eine Plattform, um durch die transformative Kraft von Kunst Brüche zu überbrücken. Zudem förderte es die regionale Zusammenarbeit zwischen Künstlerinnen, die als Frauen in einer männlich dominierten Gesellschaft oft zusätzlich benachteiligt sind. Indem Menschen sich kreativ ausdrücken und sich dabei mit historischem Unrecht auseinandersetzen, will das Festival zur Versöhnung beitragen, Frauen stärken und den Frieden in der Gesellschaft fördern. Unterstützt wird dieses Ziel vom ZFD-Träger forumZFD.
„Dieses Festival dient nicht nur als Plattform für künstlerischen Ausdruck, sondern auch als wichtiger Raum für Dialog und Reflexion über die Rolle der Kunst bei der Förderung von Frieden und Resilienz in Post-Konflikt-Gesellschaften. Der westliche Balkan hat ein reiches kulturelles Erbe, trägt aber auch die Narben der vergangenen Konflikte“, erklärt Soraja Zagić, Projektleiterin des forumZFD.
Das FAR-Festival konzentriert sich dabei speziell auf die Beiträge von Künstlerinnen und hebt ihre einzigartigen Perspektiven und Erfahrungen hervor. In einer Region, in der die Gleichstellung der Geschlechter weiterhin eine dringende Herausforderung darstellt, ist die Unterstützung des Festivals auch ein Zeichen für das Engagement zugunsten der Stärkung von Frauen und der Förderung marginalisierter Stimmen.
Ein wiederkehrendes Thema des Festivals war die kritische Auseinandersetzung mit dem tief verwurzelten Patriarchat in den Gesellschaften der Westbalkanländer. Female Art Rising begrüßte aber auch männliche Künstler, die mit ihren Werken gesellschaftliche Normen hinterfragen und sich für die Förderung von Frauenrechten einsetzen.

Die Wurzeln von Female Art Rising
Gefragt nach der Inspiration für die Gründung des Festivals, nennt Narcisa Cvitanović, Direktorin des FAR-Festivals, eine bittere Wahrheit: „Wir erleben eine allgegenwärtige und alarmierende Zunahme von Frauenmorden, die Bosnien und Herzegowina, Kosovo, Serbien, Kroatien und eigentlich alle Länder des westlichen Balkans betrifft.“ Sie habe sich gefragt, welche Maßnahmen sie und ihr Umfeld ergreifen könnten, um einen sinnvollen Beitrag zur Bekämpfung der zunehmenden Femizide zu leisten. Heute arbeitet sie mit Künstlerinnen und Künstlern zusammen und organisiert Projekte, die gesellschaftliche Veränderungen in den Mittelpunkt stellen.
Vielfältige Formen der Friedensförderung
Das Festivalprogramm bot eine reichhaltige Auswahl an künstlerischen Formaten, darunter Podiumsdiskussionen, Ausstellungen, Gedichtlesungen, Theateraufführungen und Filme. Alle Veranstaltungen luden das Publikum dazu ein, sich mit den Themen Trauma, Überleben und Resilienz auseinanderzusetzen.
Einer der Höhepunkte war das Spielfilmdebüt „Vera Andrron Detin“ (Vera träumt vom Meer) von Kaltrina Krasniqi. Das fesselnde Drama erzählt die Geschichte von Vera, einer Gebärdensprachdolmetscherin mittleren Alters, deren Leben durch den Suizid ihres Mannes aus den Fugen gerät. Diese Tragödie ruft eine bedrohliche Gruppe von Männern auf den Plan, die das Familienhaus für sich beanspruchen und Vera in ein trügerisches Unterweltszenario stürzen.
Ein weiteres Highlight war das kraftvolle Theaterstück „Cowboy“ von Lee Delong, das die Reise einer Frau durch eine patriarchalisch geprägte Welt erkundet. Das Festival wurde durch Live-Musik und Spoken-Word-Poetry ergänzt, bei denen junge Künstlerinnen Themen wie Identität, Ausgrenzung und Widerstand verarbeiteten.
Das Festival war ein eindrucksvolles Zeugnis für die Rolle von Frauen, wenn es darum geht, Fragen zu stellen, sich Gehör zu verschaffen und durch Kunst gesellschaftliche Veränderungen voranzutreiben.
Text: Belma Kučukalić, Fotos: Imrana Kapetanović
Diesen Text haben wir gekürzt und leicht angepasst von der Webseite des forumZFD übernommen.