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Westjordanland: Neue Generation von Friedensjournalist*innen

In den letzten Monaten haben palästinensische Medienstudierende im Rahmen einer Schulungsreihe des ZFD-Trägers forumZFD und der Partnerorganisation Dooz Geschichten über die Lebensrealität der Menschen im Westjordanland geschrieben. Die Berichte zeigen eine Perspektive, die uns in Deutschland kaum erreicht.

Im April dieses Jahres beendeten das forumZFD und die Partnerorganisation Dooz eine Schulungsreihe zum Thema Friedensjournalismus für junge Medienstudierende aus dem Westjordanland. Ziel der Workshops war es, den Teilnehmenden Werkzeuge an die Hand zu geben, um Probleme in ihrem gesellschaftlichen Umfeld aus einer gewaltfreien Perspektive heraus zu beschreiben. Dabei lag ein besonderer Fokus auf konfliktsensibler Berichterstattung, die nach dem Angriff der Hamas am 7. Oktober und dem darauffolgenden Krieg noch dringlicher geworden ist.

Die Teilnehmenden des Projekts stammen aus verschiedenen Gebieten im Norden des Westjordanlandes, wo die Gewalt im letzten Jahr stark zugenommen hat. Armee-Razzien, Angriffe israelischer Siedler*innen und die Schließung von Check-Points prägen ihren Alltag. Angesichts dieser Ereignisse stellten sich die jungen Medienstudierenden in verschiedenen Workshops die Frage, welche Rolle sie als zukünftige Journalist*innen einnehmen sollten. Zudem verfassten sie Berichte über die Probleme in ihren Gemeinden, die sie bei der Abschlussveranstaltung der Schulungsreihe vorstellten.

Unsichtbare Geschichten

Ein Bericht erzählt von den Schicksalen palästinensischer Patient*innen aus dem Gazastreifen, die im Westjordanland medizinische Hilfe suchten und nach dem 7. Oktober nicht mehr nach Gaza zurückkehren durften. Ein Beispiel hierfür ist ein Mann, der nach Nablus fuhr, um sich im Al-Najah Universitätskrankenhaus behandeln zu lassen. Dort wurde er von der israelischen Armee verhaftet und einen Monat lang inhaftiert. Erst nach seiner Freilassung erfuhr er von der Zerstörung in Gaza und dem Tod seiner Familienangehörigen.

Kindheit in Kriegszeiten

Ein weiterer Bericht erzählt die Geschichte eines dreijährigen Kindes aus dem Flüchtlingslager Balata in Nablus. Das Kind wurde während eines Armeeeinsatzes von einem Hund angegriffen und schwer verletzt. Die Medienstudierenden dokumentierten die psychischen Auswirkungen solcher Angriffe auf Kinder und verdeutlichten, wie sehr die ständige Gewalt das Leben und die psychische Gesundheit der jüngsten Generation belastet. Wie ein Teilnehmer erklärte: „Dieses Thema ist in unserer Gesellschaft sehr schwierig. Gerade heutzutage wollen Mütter ihre Kinder zu Hause behalten, weil sie Angst vor all der Gewalt haben. Die eingeschränkten Möglichkeiten, nach draußen zu gehen, beeinträchtigen das emotionale Wohlbefinden der Kinder.“

Leben mit Behinderung

Die Lebensbedingungen von Menschen mit Behinderungen wurden ebenfalls thematisiert. Ein junger Mann im Geflüchtetenlager Tulkarem, der auf einen Rollstuhl angewiesen ist, kämpft täglich mit den zerstörten Straßen und der ständigen Bedrohung durch Militäreinsätze. Berichte wie dieser zeigen, wie die Angriffe die ohnehin schwierigen Lebensumstände von Menschen mit Behinderungen weiter verschärfen.

Einige der Teilnehmenden beschäftigten sich außerdem mit der journalistischen Berichterstattung über den Krieg in Gaza. Sie untersuchten die Rolle des Graswurzel-Journalismus angesichts der Einschränkungen für professionelle Journalist*innen im Kriegsgebiet. Bei der Abschlussveranstaltung wurde diese Reportage aufgrund der gründlichen Recherche und des großen Engagements der Teilnehmenden als beste Arbeit ausgezeichnet. 


Dieser Text stammt von der Webseite des forumZFD. Für unsere Seite haben wir ihn leicht angepasst. 
Fotos: Dooz/forumZFD