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Talk zu Klima und Konflikt

Heißes Klima, heiße Konflikte? Gefährdet die Erderwärmung den Frieden weltweit und wo steht die internationale Klimapolitik nach der UN-Klimakonferenz von Glasgow? Über diese Fragen diskutierten Stefanie Wesch vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, Noé Müller-Rowold, Programm-Koordinator des Zivilen Friedensdienstes (GIZ) im Niger und in Benin, sowie Vera Künzel von Germanwatch.

Zu Beginn der Veranstaltung erklärte Stefanie Wesch vom Potsdam Institut für Klimafolgenforschung, dass inzwischen viele Studien einen Zusammenhang zwischen der menschengemachten Erderwärmung und Konflikten belegten: „Klima ist ein Faktor, da ist sich die Wissenschaft mittlerweile einig. Es gibt zwar noch Wissenslücken, etwa zu dem genauen Zusammenspiel mit anderen Konflikttreibern, aber generell gibt es einen Konsens in der Wissenschaft.“

Konflikte um knapper werdende Ressourcen

Ein Beispiel, wie der Klimawandel Konflikte verschärfen kann, sind knapper werdende Ressourcen, etwa durch anhaltende Dürreperioden. Dies ist insbesondere in Ländern problematisch, in denen die Lebensgrundlage der Menschen sehr stark von der Landwirtschaft abhängt. Im Niger und in Benin ist Noé Müller-Rowold, Programm-Koordinator des Zivilen Friedensdienstes der GIZ, genau mit solchen Herausforderungen konfrontiert. Im Online-Gespräch erläuterte er die Konfliktlage: Viehzüchter*innen aus den nördlichen Landesteilen ziehen traditionell während der Trockenzeit in die fruchtbareren, südlichen Gebiete. Dort kommt es zu Spannungen mit lokalen Ackerbäuer*innen, etwa wenn das Vieh auf noch nicht abgeernteten Feldern grast.

Diese Konflikte seien nicht neu, erklärte Noé Müller-Rowold. Allerdings könne sich die Situation durch die Erderwärmung in Zukunft verschärfen. Um friedliche und einvernehmliche Lösungen für die Nutzung von Wasserquellen und Weideland zu finden, setzen sich zivilgesellschaftliche Organisationen in der Region unter anderem für einen Dialog zwischen den beteiligten Gruppen ein. Die Fachkräfte des Zivilen Friedensdienstes unterstützen sie dabei.

„Die internationale Gemeinschaft hat versagt“

Auch auf der Ebene der internationalen Politik sei noch viel zu tun, um zu verhindern, dass der Klimawandel weltweit Konflikte anheize, betonte Vera Künzel. Die Referentin von Germanwatch hatte am UN-Klimagipfel im November 2021 in Glasgow teilgenommen und zeigte sich enttäuscht von den Gipfelergebnissen. Zwar habe es positive Signale etwa beim Ausstieg aus der Kohle gegeben, so Künzel, aber die reicheren Länder hätten es versäumt, verbindliche Zusagen für die Finanzierung klimabedingter Schäden und Verluste zu machen. Künzel machte deutlich, dass die Erderwärmung unweigerlich zu solchen Schäden und Verlusten führen werde, etwa als Folge von häufigeren und stärkeren Extremwetterereignissen. Dies sei zwar ein globales Phänomen, treffe aber ärmere Länder besonders hart, da diese aus eigener Kraft kaum den Wideraufbau nach solchen Katastrophen stemmen könnten.

„Am Ende kann man sagen: Die internationale Gemeinschaft hat dabei versagt, angemessene und vor allem bedarfsgerechte Unterstützung für die betroffenen Länder – die in der Regel am allerwenigsten zum Klimawandel beigetragen haben – bereitzustellen. Das ist ein Punkt, der mich persönlich sehr frustriert.“

Klimaschutz muss konfliktsensibel sein

Alle drei Podiumsgäste hoben hervor, dass Klimaschutzmaßnahmen konfliktsensibel umgesetzt werden müssten. Wenn zum Beispiel ein großer Solarpark gebaut werde, sei dies zwar gut für die CO2-Bilanz. Wenn aber gleichzeitig die lokale Bevölkerung nicht an diese Stromversorgung angeschlossen oder Entscheidungen über Bauvorhaben an den Menschen vorbei getroffen würden, könnten solch gut gemeinte Projekte zu neuen Konflikten führen, argumentierte Vera Künzel. Von zentraler Bedeutung für jedes Projekt sei daher ein menschenrechtsbasierter Ansatz und die Partizipation der Menschen vor Ort.

Noé Müller-Rowold berichtete dazu aus der Praxis, dass zum Beispiel der Bau eines Brunnens allein nicht ausreiche, um Spannungen rund um den Zugang zur Wasserversorgung zu lösen. In der Region Dosso im Süden Nigers kooperiert der Zivile Friedensdienst daher mit dem GIZ-Projekt FREXUS, welches die Verfügbarkeit und den Zugang zu natürlichen Ressourcen wie Wasser verbessern soll. Die ZFD-Fachkräfte achten dabei auf einen ganzheitlichen und nachhaltigen Ansatz: Jeder Maßnahme gehe eine ausführliche Konfliktanalyse voraus, so Noé Müller-Rowold.

Auch Stefanie Wesch plädierte dafür, dass Entwicklungszusammenarbeit und Friedensförderung Hand in Hand gehen sollten. Sie schlug vor, Länder wie Deutschland könnten es sich international zur Aufgabe machen, Dialogplattformen bereitzustellen und Expert*innen aus beiden Bereichen zusammenzubringen. Der fachübergreifende Austausch könne dazu beitragen, neue und konfliktsensible Handlungsoptionen zu erarbeiten.


Foto: GIZ/ZFD/A.Coendet

Die Online Veranstaltung "Heißes Klima, heiße Konflikte" wurde auch als Video dokumentiert, das Sie sich hier anschauen können.

Mehr zum ZFD-Engagement im Süden Nigers erfahren Sie auch in unserem Beitrag Niger: Ressourcenkonflikte im Dialog lösen.

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Dieser Beitrag ist in voller Länge im Hub „Frieden verbessert das Klima“ des Zivilen Friedensdienstes erschienen. Dort zeigen Projektbeispiele und Fachbeiträge, welche Rolle Ziviler Konfliktbearbeitung bei der Bewältigung des Klimawandels und seiner Folgen zukommt.

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