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Liberia: Bildung und Forschung für den Frieden

Nach 14 Jahren Bürgerkrieg braucht der Wiederaufbau in Liberia einen langen Atem. Das Kofi Annan Institute for Conflict Transformation (KAICT) an der Universität in Monrovia unterstützt diesen Prozess mit einem Masterstudiengang und Zertifikatsprogramm für Friedensstudien und Konflikttransformation.

Seit dem Ende des Bürgerkriegs 2003 stehen die Menschen in Liberia vor enormen Herausforderungen: Zerstörte Infrastruktur und Wirtschaft, niedrige Löhne, teure Lebensmittel, Armut und Korruption gehören zum Alltag. Besonders schwer ist es für die junge Generation: Die Mehrheit der Bevölkerung ist unter 40 Jahre alt und auf der Suche nach Bildungs- und Beschäftigungsmöglichkeiten, die kaum zu finden sind.

„Die Kriege haben zu einer extremen Abwanderung von Fachkräften geführt und viele der am besten ausgebildeten Menschen zur Flucht aus dem Land gezwungen“, sagt Dr. Raphaela Kormoll. Die Fachkraft des ZFD-Trägers AGIAMONDO ist Dozentin für Friedensforschung am Kofi Annan Institute for Conflict Transformation (KAICT) an der Universität von Liberia. Die Entwicklung hatte weitreichende Folgen für Liberia. Beispielsweise sind häufig schlecht ausgebildete, freiwillige Lehrkräfte für die Ausbildung künftiger Generationen zuständig, was dem Bildungsniveau schadet.

Bildung für den Frieden

Das KAICT, an dem Kormoll seit 2022 tätig ist, hat es sich zur Aufgabe gemacht, Frieden und Versöhnung in der liberianischen Gesellschaft zu fördern. Um dies zu erreichen, verfolgt das Institut einen faktenbasierten Ansatz, der die Erforschung eines breiten Themenspektrums umfasst – von Friedensbildung und Konfliktanalyse bis hin zu Fragen nach Sicherheit, Entwicklung und der Bewirtschaftung natürlicher Ressourcen. Die Forschungsergebnisse bilden die Grundlage für den friedenspädagogischen Ansatz des KAICT, zu dem auch ein Masterstudiengang und ein Zertifikatslehrgang in Friedensforschung und Konflikttransformation gehören. Der Masterstudiengang wird von der Universität Liberia angeboten. Da eine formale Ausbildung nur für wenige Menschen im Land möglich ist, der Frieden aber alle angeht, arbeitet das KAICT mit einer Vielzahl von Gemeinschaften in Liberia zusammen, um nachhaltige Lösungen für lokale Herausforderungen zu finden.

Frauen und Mädchen im Blick

Ein besonderes Anliegen des Instituts ist es, die Rolle von Frauen in der Gesellschaft zu stärken. Dies wird beispielsweise erreicht durch eine Vortragsreihe, Schulungen und Forschungsarbeiten zu Gender und Führung. Das KAICT arbeitet gezielt mit jungen Menschen im Alter von 15 bis 35 Jahren, denen es Workshops und Schulungen zu Führungsqualitäten, friedlicher Konfliktlösung und gewaltfreier Kommunikation anbietet. Es fördert darüber hinaus auch den Dialog über sicherheitsrelevante Themen.

Gute Zusammenarbeit motiviert

Als Spezialistin für internationale politische Soziologie ist Dr. Raphaela Kormoll in alle Aktivitäten des Instituts eingebunden. „Die Lern-, Lehr- und Arbeitsbedingungen an der Universität sind nicht unbedingt ideal“, berichtet die Dozentin. Der Campus sei in einem schlechten Zustand. Es gebe kein fließendes Wasser und die Stromversorgung sei nicht immer gewährleistet. Leider könne die Universität ihren Mitarbeitenden und Studierenden auch noch keinen zuverlässigen Internetzugang anbieten und die Bibliothek der Universität sei ebenfalls noch verbesserungswürdig. „Aber jeder tut sein Bestes unter den gegebenen Umständen, und wir haben gelernt, mit den Bedingungen umzugehen“, sagt Dr. Kormoll. Sie sei trotzdem sehr motiviert, vor allem durch die gute Zusammenarbeit mit ihren Kolleginnen und Kollegen. „Gemeinsam konnten wir schon viel erreichen.“ Dies sei auch immer wieder eine Quelle der Inspiration für die Weiterentwicklung von Forschung und Lehre und die Zusammenarbeit mit gesellschaftlichen Gruppen außerhalb der Universität, fügt Kormoll hinzu.

Maßnahmen zur gesellschaftlichen Versöhnung

Ein Projekt, das das Institut in diesem Jahr in fünf Landkreisen erfolgreich umsetzen konnte, war die Sensibilisierung für die „Strategic Roadmap for National Healing, Peacebuilding, and Reconciliation, 2013-30“. Der Aktionsplan wurde von der liberianischen Regierung entwickelt und sieht eine Reihe von Maßnahmen vor, um zur gesellschaftlichen Versöhnung beizutragen. Ziel ist es, die Menschen in die Lage zu versetzen, dass sie die Gegenwart bewältigen und für die Zukunft planen können, indem sie die gewaltsame Vergangenheit aufarbeiten. Der Aktionsplan ist den meisten Regierungsbeamtinnen und -beamten und NRO, die sich an seiner Umsetzung beteiligen sollen, aber noch unbekannt. Um diese Lücke zu schließen, bezog das KAICT Vertreterinnen und Vertreter dieser Sektoren in zahlreiche Diskussionen zu den Themen Friedenskonsolidierung, Versöhnung, Erinnerungsarbeit und Gender ein.

Zusammen mit seinen lokalen und internationalen Partnern startete das KAICT im November 2022 außerdem das auf fünf Jahre angelegte Projekt „Hope for a Better Future: Building Collaborative Resilience for Youth in Liberia“. In dessen Rahmen sollen Jugendliche unterstützt werden, den Alltag besser zu meistern, indem sie ein besseres Verständnis für die Auswirkungen von traumatischen Erfahrungen und Gewalt bekommen. Nur so könne langfristig Integration stattfinden, sagt Kormoll, und die Spaltung der Gesellschaft überwunden werden.


Text: Dr. Raphaela Kormoll, Katharina Engels

Foto: KAICT

Dieser Beitrag stammt aus dem Magazin contacts 3/2022 (S. 12-13) des ZFD-Trägers AGIAMONDO. Für unsere Website wurde er leicht überarbeitet.

Weitere Informationen zum Engagement des ZFD Liberia finden Sie auch in unserer Projektdatenbank.