Aktuelles

Kosovo: Geschichten verlorener Kinder

Der ZFD-Träger forumZFD im Kosovo hat kürzlich in Prishtina die neue Publikation „Hijacked childhoods: accounts of children's wartime experiences“ („Gekaperte Kindheiten: Berichte über die Kriegserfahrungen von Kindern“) vorgestellt. Gemeinsam mit dem Missing Persons Resource Center im Kosovo wurde die Sammlung von zehn Gesprächen mit Müttern und Vätern veröffentlicht, deren Kinder im Kosovo-Krieg 1998/99 starben oder seitdem als vermisst gelten. Illustriert wurden die bewegenden persönlichen Geschichten mit Fotos der Kinder und ihrer Habseligkeiten wie Schultaschen, Kleidung, Stifte, Spielzeug und Tagebücher. Auch zwei Kinder, die aufgrund des Krieges ohne Eltern aufgewachsen sind, erzählen im Buch ihre Geschichte.

Eine breitere Gedenkkultur ermöglichen

Laut Herausgeber Korab Krasniqi soll das Buch zu einem besseren Verständnis beitragen, was der Krieg den Eltern angetan hat. Noch Jahrzehnte später bleiben ihre Erfahrungen traumatisierend und sie fordern noch immer Gerechtigkeit und Anerkennung für die Getöteten. Bei der feierlichen Buchvorstellung sprachen unter anderem Bajram Qerkini (Missing Persons Resource Center) und Nehari Sharri (forumZFD Kosovo) über die Bedeutung der dokumentarischen Arbeit, über symbolische Wiedergutmachung und den gemeinsamen Prozess des Erinnerns und Gedenkens. Die mündlichen Überlieferungen der Eltern in „Hijacked Childhoods“  tragen zu einer vielfältigeren Geschichtsschreibung bei, fördern die Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Geschichtsnarrativen und setzten dem Verschweigen von Kriegsgräueln Erlebnisse der Opfer entgegen.  

Die Vergangenheit bearbeiten

Das Buchprojekt ist Teil der Bestrebungen für eine inklusive Erinnerungskultur in der Region des Westlichen Balkans, durch die eine friedliche Zukunft ermöglicht werden soll. Bei der Vergangenheitsarbeit geht es um Anerkennung und Übernahme von Verantwortung für verübtes Unrecht und Gewalt. Dies sind essenzielle Voraussetzungen für die Wiederherstellung von Vertrauen, Sicherheit und die Bereitschaft für Dialog und Zusammenarbeit.

forumZFD Kosovo arbeitet dazu mit lokalen Partnerinnen und Partnern zusammen, die Dialog- und Versöhnungsprozesse mit Menschen mit unterschiedlichem ethnischen, religiösen und sozialen Hintergrund fördern. Weitere Projekte in der Region konzentrieren sich zum Beispiel auf die Überwindung der ethnischen Segregation in der Gesellschaft und im Bildungssystem, etwa durch gewaltfreies Konfliktmanagement und Mediationsprojekte in Schulen und mit Jugendgruppen.


Das Buch „Hijacked childhoods: accounts of children's wartime experiences“ ist verfügbar in Albanisch, Serbisch und Englisch.

Das Foto stammt vom forumZFD Kosovo und zeigt (von links nach rechts) Moderatorin Dr. Linda Gusia, Kinderpsychiaterin Dr. Mimoza Shahini, Menschenrechtsaktivistin Nora Ahmetaj und den Direktor des Missing Persons Resource Centre, Bajram Qerkini.  

Mehr zum Hintergrund des Kosovo-Kriegs und zum Engagement des ZFD in der Region erfahren Sie in unserem Beitrag „Kosovo: 20 Jahre und kein Ende“.

Der Text oben basiert auf einem Bericht über die Buchvorstellung, den Sie auf den Seiten des forumZFD lesen können.