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Irak: Mit dem Salam Bus zum Dialog

Salam ist das arabische Wort für Frieden. Im Nordirak sind seit etwa einem Jahr Friedensbusse unterwegs, die Menschen aus verschiedenen Bevölkerungsgruppen zusammenbringen, Vorurteile abbauen und bei der Vergangenheitsbewältigung unterstützen. 

Gemeinsame Aktivitäten fördern Austausch und Frieden in der vielfältigen irakischen Gesellschaft. Dabei erreichen die Salam Busse auch Menschen in den entlegensten Gegenden. Die Fahrgäste wollen nicht einfach nur dem Alltag entfliehen. Sie verbindet der Wunsch, Hass und gesellschaftlichen Zwängen aktiv entgegenzutreten.

Insgesamt drei Busse dieser Art sind in den Regionen Sindschar, Sharya, Ayadiya/Tal Afar und Erbil unterwegs. Das Projekt wird vom ZFD-Träger forumZFD unterstützt, der in Ayadiya, einem Bezirk im Nordirak, das Salam Center betreibt. Ayadiya war eines der letzten Gebiete, die vom Islamischen Staat (IS) befreit wurden. Hier wiegt das brutale Erbe des IS besonders schwer. Das Salam Center richtet sich entsprechend an Menschen, die Angehörige verloren, schlimmste Menschenrechtsverletzungen und Flucht erlebt haben.

Gespaltene Gesellschaft

Die irakische Gesellschaft, bestehend aus Schiiten, Sunniten, Christen, Jesiden und vielen weiteren kleineren Bevölkerungsgruppen, ist durch eine jahrzehntelange Geschichte zahlreicher Konflikte tief gespalten. Infrastruktur und Häuser wurden immer wieder zerstört, der Wiederaufbau und die Beseitigung von Landminen, Sprengfallen und Munitionsresten geht nur schleppend voran. Schließungen von Flüchtlingslagern haben dazu geführt, dass viele Familien in teils immer noch zerstörte Orte zurückkehren mussten. Wirtschaftliche Unsicherheit macht Extremisten die Rekrutierung leicht, die islamistische Terrororganisation IS ist noch immer aktiv. Die Bevölkerung hat schreckliche Gräueltaten erlebt und leidet bis heute unter Traumata. Intoleranz und tiefsitzendes Misstrauen zwischen den verschiedenen ethnischen und religiösen Gruppen sowie fehlende Gerechtigkeit sind noch immer Konfliktgegenstand und Nährboden für erneute Gewaltausbrüche.

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Der Kontrast zwischen der Idee des Friedensbusses und der Umgebung, die er durchquert, könnte härter nicht sein. Immer wieder passiert er auf seinen Touren eingefallene Häuser und zerstörte Lehmziegelmauern. Viele Straßen sind noch verschüttet und Gebäude wurden noch nicht von den Überresten des Krieges befreit. Hier bringt der Bus die Friedensarbeit zu den Menschen und holt sie zu Hause ab. Andere stoßen am Salam Center dazu. Von dort aus fährt der Bus in die Natur oder Parks, wo an sicheren Orten und in entspannter Atmosphäre verschiedene Aktivitäten in der Gruppe stattfinden. Im Schatten der Bäume oder einem Zelt wird ein Stuhlkreis aufgestellt und schon kann es losgehen. Die Teilnehmenden kommen in positiver Atmosphäre darüber ins Gespräch, wie Vertrauen zwischen Bevölkerungsgruppen, die einander noch vor wenigen Jahren bekämpft haben und bis heute häufig gegenseitig diskriminieren, wieder wachsen kann.

Geschützer Raum für Frauen und Mädchen

In diesem geschützten Raum haben besonders Mädchen und Frauen die Möglichkeit, über Frieden, Konfliktbewältigung und ihre Rolle in der Gemeinschaft zu sprechen – oft zum ersten Mal außerhalb ihres häuslichen Umfelds. „Vor dem Salam-Bus hatten wir keinen Ort, an dem wir uns treffen konnten. Wir saßen oft zu Hause fest und hatten keine Möglichkeit, auszugehen. Der Salam Bus gibt uns einen Grund, das Haus zu verlassen, und nicht nur das, er tut auch unserer psychischen Gesundheit gut", erzählt eine Teilnehmerin aus Ayadiya. Mittlerweile treffen sich sogar gemischte Gruppen zu gemeinsamen Aktivitäten.

Der Salam Bus fährt erst seit einem Jahr, aber die Erfahrungen sind eindeutig: Der Austausch über geteilte Erfahrungen und den Umgang damit hilft sehr, traumatische Erlebnisse zu bearbeiten und sich trotz der Gräuel der Vergangenheit wieder auf Augenhöhe und in Menschlichkeit zu begegnen. 


Diesen Text haben wir gekürzt und leicht angepasst von der Seite des forumZFD übernommen.
Fotos: forumZFD
Weitere Informationen zur Arbeit im Irak finden Sie auf der Seite des forumZFD und in unserer Projektdatenbank.