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Dialogschulen: Wandel durch Gespräche

Dialogschulen bringen unterschiedliche Menschen miteinander ins Gespräch. Sie schaffen einen Raum, in dem Teilnehmende verschiedener Herkunft zusammenkommen, um über die eigenen Kommunikationsmuster, Einstellungen und Werte zu reflektieren. So können Vorurteile ab- und Beziehungen aufgebaut und Lösungen für Probleme gefunden werden. Nicht zuletzt dienen Dialogschulen dazu, Konflikte friedlich zu bearbeiten. Gemeinsam mit seinen Partnerorganisationen baute der ZFD bisher in Bolivien, Honduras und Kamerun Dialogschulen auf.

So vielfältig wie möglich

Die Teilnehmenden der Dialogschulen kommen aus verschiedenen Bereichen wie Politik, Wirtschaft, Zivilgesellschaft und Bildung. Dabei geht es darum, die Gruppe so vielfältig wie möglich zu gestalten und Akteurinnen und Akteure zu beteiligen, die sich normalerweise nicht begegnen würden. Faktoren wie Alter, Geschlecht, ethnische Zugehörigkeit und Beruf werden bei der Auswahl ebenfalls berücksichtigt.

Die Themen, die in den Dialogschulen behandelt werden, sind sehr unterschiedlich und reichen von Umweltfragen über die Nutzung landwirtschaftlicher Flächen bis hin zu Demokratie und Menschenrechten. In praktischen Übungen setzen die Teilnehmenden Prinzipien des demokratischen Dialogs um. Dazu gehören zum Beispiel aktives Zuhören, Empathie und Kompromissbereitschaft. Das Ziel: Die Teilnehmenden wenden das Gelernte anschließend in ihren Gemeinden, Organisationen oder Institutionen an.

Erfahrungen mit Dialogschulen sammelt der ZFD über den Träger GIZ bereits seit 2012 gemeinsam mit der Partnerorganisation Escuela Boliviana de Diálogo in Bolivien. Das Erbe der Kolonialzeit, die Ausbeutung von Naturressourcen und unzureichende Bürgerbeteiligung führen hier zu vielen Konflikten. Durch die Dialogschulen konnten unter anderem Vertreterinnen und Vertreter der indigenen Bevölkerung und Kleinbauerfamilien, die bislang von vielen Entscheidungen ausgeschlossen waren, an der Lokalpolitik beteiligt werden. Mehr als 350 Menschen aus verschiedenen Bereichen der Zivilgesellschaft, staatlichen Einrichtungen und dem Privatsektor nahmen bislang an der Initiative teil.

In Honduras setzt sich die Partnerorganisation Centro Cultural Hibueras (CCH) dafür ein, Konflikte durch Dialogschulen friedlich zu bearbeiten. Hier eskalieren Umwelt- und Ressourcenkonflikte um erneuerbare Energien und Rohstoffprojekte seit Jahren. In Dialogschulen werden auch hier verschiedene Beteiligte an einen Tisch gebracht. So entstehen lokale und auch nationale Netzwerke aus speziell im Dialogbereich ausgebildeten Personen.

Zuletzt wurde 2022 auch in Kamerun mit der Unterstützung durch bolivianische Partnerorganisationen eine Dialogschule ins Leben gerufen. In Kamerun geht es darum, Konflikte und wachsende Spannungen anzugehen, die in wirtschaftlicher Ungleichheit verschiedener Bevölkerungsgruppen und ethnischen, religiösen und sprachlichen sozialen Spaltungen wurzeln.

Ein Raum zum Zuhören und Lernen

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ZFD-Fachkraft Matilde Vaca Torrico, die den Aufbau solcher Initiativen sowohl in Bolivien als auch in Kamerun begleitet hat, bezeichnet eine Dialogschule als ein „soziales Labor“: „Ein Moderationsteam bemüht sich hier, Bedingungen für einen echten Dialog zu schaffen. Dadurch entsteht ein Raum für Selbstreflexion“, erläutert sie.  „Die Teilnehmenden befassen sich dabei nicht mit einem bestimmten Konflikt, sondern mit übergeordneten Themen wie Umgang mit Emotionen, Annahmen und sowie Dynamik und Formen von Machtbeziehungen.“

Eine Schule des Dialogs wird in zwei Modulen zu je fünf Tagen durchgeführt. Das erste Modul fokussiert auf die persönliche Veränderung der Teilnehmenden. Im zweiten Modul geht es um die Beziehung zu anderen und die Möglichkeiten, gesellschaftliche und politische Veränderungen zu bewirken. Viele, die die Dialogschule besucht haben, ziehen anschließend ein ähnliches persönliches Fazit: Einander zuzuhören, etwas über andere, sich selbst und die eigenen Gefühle zu erfahren, ist gerade im Konfliktkontext eine wertvolle Erfahrung mit Potenzial für positive Veränderungen.

Nach Abschluss der Module ist der Prozess noch nicht zu Ende. Viele Gruppen bleiben auch nach der Dialogschule noch über soziale Medien in Kontakt. In Bolivien finden monatliche Online-Treffen und zweimal im Jahr ein Treffen vor Ort zum Thema Dialog und Konfliktbearbeitung statt. Es gibt auch bereits erste Überlegungen, die Dialogschulen künftig über Ländergrenzen miteinander zu vernetzen.


Der Text basiert auf einem Beitrag von Kerstin Langmantel aus dem ZFDinfo Newsletter der GIZ, Ausgabe Nr. 12, 2023.

In unserer Projektdatenbank finden Sie weitere Informationen zu den oben erwähnten Projekte in Bolivien, Honduras und Kamerun.

Das Bild oben zeigt eine Dialogschule in Honduras, das kleine Bild eine in Kamerun. Fotos: GIZ