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Berlinale: Friedensfilmpreis für „Die Wölfe“

Mit seinem Migrationsdrama „Los Lobos“ liefert der mexikanische Regisseur Samuel Kishi Leopo ein atmosphärisch dichtes Portrait einer alleinerziehenden Mutter, die mit ihren beiden Söhnen aus Mexiko in die USA immigriert und versucht, dort Fuß zu fassen. Für die zugleich beklemmende wie poetische Umsetzung des hochaktuellen Stoffs erhält „Die Wölfe“, so die deutsche Übersetzung des Filmtitels, den 35. Friedensfilmpreis.

In der Begründung der Friedensfilm-Jury heißt es: „Aus der Perspektive von zwei Kindern, dem achtjährigen Max und seinem fünfjährigen Bruder Leo, erzählt Samuel Kishi Leopos‘ autobiografisch inspirierter Film „Los Lobos“ eine Geschichte von Armut, Heimatverlust und Migration. Das Chaos, in das die Familie durch den Länderwechsel gerät, ordnet die Mutter mit sieben Regeln über das Zusammenleben. Regel 7 lautet: Nach jedem Streit umarmen! Am Ende sind es die Kinder, die auf die Einhaltung dieses friedenspolitischen Imperativs bestehen. Der sensibel und zärtlich erzählte Film schlägt sich radikal auf die Seite der Menschlichkeit. In diesem Film sprechen Kinder zu Kindern und auch die Erwachsenen können nicht anders, als ihnen zuzuhören. Poetisch, mutig und kämpferisch zeigt uns der Film, was es bedeutet, in einem anderen Land eine neue Existenz aufzubauen.“ [Quelle: Heinrich Böll Stiftung]

Regisseur Samuel Kishi Leopo weiß, wovon er erzählt – und das macht sicherlich eine Stärke des melancholischen und doch hoffnungsvollen Filmes aus: Der Filmemacher war fünf, als seine Mutter mit ihm und seinem dreijährigen Bruder von Mexiko in die USA zog. Aus eigener Erfahrung kennt er das Leben im Schatten, wie er es nennt, ein Leben in der Fremde, in Zurückgezogenheit und in Angst vor den Einwanderungsbehörden. Die filmische Umsetzung besticht durch die schonungslose Darstellung, die immer wieder durch animierte Sequenzen durchbrochen wird. Während Film-Mutter Lucía verschiedenen Jobs nachgeht, dürfen ihre beiden Söhne das karge Apartment nicht verlassen (Regel Nr. 1). Die neuen vier Wände werden somit zur Projektionsfläche ihrer kindlichen Vorstellungskraft; hier erleben sie fantastische Abenteuer, die im Film in animierter Form gezeigt werden.

Samuel Kishi Leopo wurde 1984 in Guadalajara, Mexiko geboren und studierte audiovisuelle Künste an der Universität Guadalajara. Bereits sein Spielfilmdebut „Somos Mari Pepa“ („Wir sind Mari Pepa“) wurde auf der 64. Berlinale gezeigt. Wie bei seinem Debüt hat er auch bei „Los Lobos“ nicht nur Regie geführt, sondern – zusammen mit Sofía Gómez Córdova und Luis Briones – auch das Drehbuch geschrieben. Und sein Bruder Kenji Kishi Leopo hat die eindringliche Filmmusik komponiert. Insofern ist „Los Lobos“ in doppelter Hinsicht autobiografisch inspiriert.

Der offizielle Trailer zum Film ist hier zu sehen (Spanisch mit englischen Untertiteln).

 

 

Im Rahmen der 70. Internationalen Filmfestspiele Berlin wurde „Los Lobos“ am 1. März 2020 der 35. Friedensfilmpreis verliehen. Der Preis würdigt Filme, die in herausragender Weise das friedliche Zusammenleben fördern und ist mit 5.000 Euro dotiert. Eine unabhängige Jury sichtet sektionsübergreifend die Filme der Berlinale und prämiert alljährlich den Film, der durch seine eindringliche Friedensbotschaft und seine ästhetische Umsetzung besticht. In diesem Jahr bestand die Jury aus Miraz Bezar, Gerd Brendel, Tamara Erbe, Helgard Gammert, Andreas Höfer, Jean Peters und Esther Slevogt. Zum Trägerkreis des Friedensfilmpreises zählt auch der Weltfriedensdienst (WFD), einer der neun Träger des Zivilen Friedensdienstes. Neben dem WFD wird der Friedensfilmpreis von der Heinrich Böll Stiftung und der Friedensinitiative Zehlendorf ausgerichtet. Der Friedensfilmpreis ist weltweit der einzige Friedenspreis, der auf einem A-Filmfestival verliehen wird.

„Los Lobos“ hat übrigens nicht nur die Friedensfilmpreis-Jury überzeugt. Der Film gewann im direkten Wettbewerb der 70. Berlinale, die vom 20.2. bis zum 1.3.2020 lief, auch den Großen Preis in der Sektion „Generation Kplus“. Die Sektion „Generation“ ist seit 2008 Teil der Filmfestspiele und widmet sich zeitgenössischen Filmen, die sich mit der Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen auseinandersetzen. Die Sektion ist unterteilt in die beiden Kategorien „Generation Kplus“ und „Generation 14plus“.

 


Filmdaten: Los Lobos (Die Wölfe)
mit Maximiliano Nájar Márquez, Leonardo Nájar Márquez, Martha Reyes Arias, Cici Lau, Johnson T. Lau
Mexiko 2019, 95 Min, Spanisch, Englisch, Kantonesisch,  Untertitel: Englisch
Regie: Samuel Kishi Leopo; Buch: Samuel Kishi Leopo, Sofía Gómez Córdova, Luis Briones
Kamera: Octavio Arauz; Montage: Yordi Capó, Carlos Espinoza Benítez, Samuel Kishi Leopo
Musik: Kenji Kishi Leopo; Sound Design: Mario Martínez Cobos; Ton: Miguel Hernández Montero
Production Design: Hania Robledo Richards; Kostüm: Nohemí González; Maske: Sheila Eden
Executive Producer: Inna Payán; Co-Producer: Mónica Lozano, Samuel Kishi Leopo
Produktion: Animal de Luz Films; Vertrieb: FiGa Films

 

Foto: Das Foto im Header zeigt einen Ausschnitt aus dem offiziellen Plakat zum Film „Los Lobos“ / © Octavio Arauz.