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25 Jahre Ziviler Friedensdienst – Ansporn für mehr Frieden

25 Jahre ist es im November 2024 her, dass die ersten Fachkräfte des Zivilen Friedensdienstes ausgereist sind, um Konflikte gemeinsam mit lokalen Partnerorganisationen (PO) gewaltfrei zu bearbeiten. Seit 1999 haben sich rund 1.800 ZFD-Fachkräfte in über 60 Ländern engagiert. Gemeinsam mit ihren Kolleg*innen vor Ort haben sie gezeigt, dass zivile Konfliktbearbeitung wirkt und auch Herausforderungen wie der Corona-Pandemie und der Klimakrise gewachsen ist. Im Interview blicken Marie Becher und Alexander Mauz, Sprecherin und Sprecher des Konsortiums Ziviler Friedensdienst, auf Erreichtes zurück und geben einen Ausblick auf die Zukunft des ZFD. 

Was sind die größten Veränderungen im ZFD, wenn Sie die auf die letzten 25 Jahre zurückschauen?

Becher: Es hat sich tatsächlich ziemlich viel getan. Angefangen mit der Zahl der Fachkräfte, der Partnerorganisationen und natürlich der finanziellen Unterstützung durch die Bundesregierung. 1999 reisten sieben ZFD-Fachkräfte aus. Heute sind es rund 380, die in 45 Ländern arbeiten. Hinzu kommen circa 700 Kolleg*innen in 580 Partnerorganisationen. Vor 25 Jahren lag das Budget des ZFD bei nur 1,4 Millionen Euro. Seitdem ist das Budget auf 60 Millionen Euro in 2024 gestiegen. Seit 2015 beantragen wir zudem Mittel aus der Sonderinitiative Geflüchtete und Aufnahmeländer des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Das sind für 2024 beispielsweise zusätzlich 21 Millionen Euro gewesen.

Mauz: Darüber hinaus haben sich auch die Beziehungen zu den Partnerorganisationen in den 25 Jahren deutlich verändert. Wir tauschen uns intensiver aus und die Organisationen beteiligen sich auch mehr an strategischen und administrativen Prozessen. Der Umgang miteinander basiert auf lang gewachsenem Vertrauen. Unsere Fachkräfte kommen nicht mehr nur aus Deutschland, sondern aus vielen Ländern der Europäischen Union. Es arbeiten auch erste ZFD-Fachkräfte aus dem Globalen Süden im Norden, um Erfahrungen von hier in ihre Heimatländer einzubringen.

Was sind die größten Erfolge, auf die Sie zurückblicken können?

Becher: Der Zivile Friedensdienst hat sich im vergangenen Vierteljahrhundert als wichtiges Programm der deutschen Friedensförderung etabliert. Mit ihm übernimmt Deutschland Verantwortung in der Welt, wenn es darum geht, Gewalt zu verhindern und Frieden zu fördern. Dennoch wird dem ZFD längst nicht die Bedeutung zugesprochen, die ihm gebührt. 25 Jahre ZFD sind für uns daher nicht nur ein Anlass zur Freude, sondern auch ein Ansporn, die Relevanz ziviler Friedensarbeit weiter zu verdeutlichen. Beispiele für Erfolge gibt es viele: In Liberia und Sierra Leone begleiten ZFD-Partner*innen und Fachkräfte lokale Gemeinschaften und staatliche Stellen dabei, Land- und Ressourcenkonflikte zu lösen. Auf diese Weise wurde zum Beispiel in Ceekloh ein Vertrag mit der Minengesellschaft STT geschlossen. Dieser regelt, wie die Bevölkerung für die Beeinträchtigungen durch die Mine entschädigt wird. Die Partner haben auch auf politischer Ebene so manche Reform auf den Weg gebracht. In Sierra Leone wurde sogar ein Umwelt- und Klimaschutzministerium gegründet.

Mauz: In Nordmazedonien ist es bisher Usus, dass Schüler*innen mit unterschiedlichen kulturellen Identitäten getrennt voneinander unterrichtet werden. Das kann sich endlich ändern: dank ZFD-Partner LOJA ist multiethnische Bildung heute an allen staatlichen Universitäten Bestandteil des Lehramtsstudiums. Und auf den Philippinen haben der ZFD und das Institut für Frieden und Entwicklung 2023 einen Online-Masterstudiengang in Friedens- und Konfliktforschung angeboten. Er verbindet akademisches Wissen mit praxiserprobten Methoden der zivilen Konfliktbearbeitung. Mit Unis in Kambodscha und Timor-Leste arbeitet der ZFD in gleicher Weise zusammen. Auf diese Weise werden Fundamente für ein friedliches Zusammenleben gebaut.

Welches sind die größten Herausforderungen, die der ZFD in den nächsten 25 Jahren meistern muss? Und was braucht es dazu?

Mauz: Die Klimakrise ist das drängendste Problem unserer Zeit. Unser aller Lebensgrundlage steht auf dem Spiel. Durch den Klimawandel ausgelöste Naturkatastrophen, mangelnde Ressourcen und Angst verursachen Stress und Konflikte. Mit ziviler Konfliktbearbeitung können wir darauf hinarbeiten, dass diese Konflikte in notwendige Kooperationen und nicht in Konfrontationen münden. Inmitten der Klimakrise muss zivile Konfliktbearbeitung fester Bestandteil von Präventions-, Bewältigungs- und Anpassungsmaßnahmen sein. Umwelt- und Friedensarbeit müssen künftig stärker miteinander verknüpft werden.

Becher: Immer mehr Krisen und Kriege bedrohen die menschliche Sicherheit. Zivile Konfliktbearbeitung hilft dabei, Gesellschaften zu stabilisieren, den Zusammenhalt und die Demokratie zu stärken. Sie muss daher in der Friedens- und Sicherheitspolitik nicht nur auf dem Papier gewürdigt, sondern auch finanziell besser ausgestattet werden. Je stärker die Bundesregierung den Zivilen Friedensdienst ausbaut, desto mehr wird sie ihrer globalen Verantwortung gerecht. Damit wir den Herausforderungen mit unseren Fachkräften, Partnerorganisationen und unseren Erfahrungen auch künftig die Stirn bieten können, müssen wir wachsen. Dazu benötigen wir politischen und medialen Rückenwind und natürlich auch mehr Budget, genau genommen einen kontinuierlichen Anstieg von 20 Millionen Euro pro Jahr an zusätzlichen Mitteln.

Danke für das Gespräch.


Fotos: Marie Becher: privat; Alexander Mauz: forumZFD