Im Fokus:
Israel/ Palästinensische Gebiete
Der israelisch-palästinensische Konflikt ist ein hochkomplexer und vielschichtiger Territorialkonflikt, der religiös, ethnisch und emotional aufgeladen und hochgradig militarisiert ist. Seine gewaltvolle Geschichte erstreckt sich bereits über sieben Jahrzehnte.
Auf die Staatsgründung Israels am 14. Mai 1948 folgte unmittelbar der erste Israelisch-Arabische Krieg. Seitdem kam es vielfach zu gewaltsamen Auseinandersetzungen. Im dritten Israelisch-Arabischen Krieg (Sechstagekrieg, 1967) besetzte Israel das Westjordanland und den Gazastreifen, Gebiete, die nach dem „UN-Teilungsplan für Palästina“ der palästinensischen Bevölkerung zustanden. Der Gazastreifen blieb bis 2005 besetzt. Das Westjordanland ist weiterhin besetzt, und der israelische Siedlungsbau macht aus dem Gebiet einen Flickenteppich. Drei verschiedene Zonen zerstückeln seit dem Oslo-II-Abkommen von 1995 das Gebiet: Zone A (autonomes palästinensisches Gebiet), Zone B (teilautonomes Gebiet) und Zone C (unter israelischer Kontrolle). Überall finden sich Sperrgebiete, Checkpoints und Militäranlagen. Eine rund 750 Kilometer lange Grenzanlage riegelt Israel und die autonomen Teile des Westjordanlandes voneinander ab.
Palästinensische Gebiete: Gesellschaft in Angst
In den von Israel besetzten Gebieten – also auch in Ostjerusalem – sind Palästinenserinnen und Palästinenser häufig Gewalt ausgesetzt: Landenteignung, Siedlungsbau, Einschränkung der Bewegungsfreiheit, Kontrollen, willkürliche Hausdurchsuchungen und anderen Repressionen. Israel rechtfertigt dies mit Sicherheitsargumenten. Für die rund zwei Millionen Menschen im Gazastreifen ist die Situation noch verzweifelter. Nachdem dort 2007 die Hamas an die Macht kam, reagierten Ägypten und Israel mit einer Blockade, die bis heute andauert. Die Landgrenzen sind durch eine Sperranlage gesichert. Luft- und Seewege stehen unter israelischer Beobachtung. Die Versorgungslage ist schwierig; zugleich ist die Arbeitslosigkeit hoch. Sieben von zehn Menschen in Gaza sind auf humanitäre Hilfe angewiesen, die Vereinten Nationen rechnen damit, dass der Gazastreifen in zwei Jahren unbewohnbar sein wird. Die Situation dürfte sich durch die gegenwärtige Zuspitzung noch verschlechtern. Seit Gründung der Hamas 1987 gab es wiederholt gewaltsame Auseinandersetzungen zwischen Hamas und Israel. Sie mündeten zuletzt 2014 in einer israelischen Militäroperation im Gazastreifen. Nachdem die USA Ende 2017 Jerusalem als Hauptstadt Israels anerkannt haben, hat sich die Lage wieder zugespitzt.
Israel: Gesellschaft in Angst
Israelis müssen ihrerseits mit der permanenten Bedrohung zurechtkommen: Raketenbeschuss und Anschläge gehören zum Alltag – nicht nur seitens der palästinensischen Gebiete, sondern auch vom Libanon aus, wo die antiisraelische Hisbollah-Miliz operiert. Im Iran und in anderen Ländern der Region gibt es Kräfte, die das Existenzrecht Israels grundsätzlich infrage stellen. Es ist nicht nur das Leben in konkreter Angst, das die israelische Gesellschaft prägt. Auch die traumatischen Erfahrungen der Vergangenheit, insbesondere durch den Holocaust, lasten weiterhin auf der Bevölkerung. Solange die Existenz Israels angegriffen wird, können diese Wunden nicht heilen.
Frieden: in weiter Ferne
Eine Wiederaufnahme von Friedensverhandlungen ist momentan nicht absehbar. Die Gräben scheinen unüberwindbar: Positionen sind verhärtet, Verletzungen und Hass sitzen tief. Auf beiden Seiten nehmen Nationalismus, Radikalisierung und Menschenrechtsverletzungen zu. Beide Konfliktparteien fügen sich Wunden und Traumata zu, die das Feindbild aufrechterhalten. Fast jede Familie, egal ob palästinensisch oder israelisch, hat in dem Konflikt Verwandte verloren. Es existieren kaum Orte der Begegnung, die nicht von negativen Erfahrungen geprägt sind (z.B. Checkpoints).
Hinzu kommen Schwierigkeiten innerhalb der Gesellschaften. Die palästinensische Gesellschaft ist tief gespalten und zersplittert. Obwohl Hamas und Fatah 2014 einen Versöhnungspakt schlossen, bleibt die Kluft bestehen. Bei vielen Menschen haben sich Niedergeschlagenheit, Verzweiflung und Müdigkeit breitgemacht. In Teilen der palästinensischen Gesellschaft finden sich aber auch Radikalisierung und eine hohe Gewaltbereitschaft. Regelmäßig kommt es zu Gewaltausbrüchen gegen Israelis oder innerhalb der palästinensischen Gesellschaft.
Die israelische Gesellschaft steht vor der Herausforderung, soziale Ungleichheiten zu überwinden und Minderheiten zu integrieren. Im Land leben mehrere jüdische Bevölkerungsgruppen, die sich hinsichtlich ihrer Herkunft, Kultur und Lebensweise zum Teil deutlich voneinander unterscheiden. Daneben gibt es eine alteingesessene arabische Minderheit mit israelischem Pass.
Foto: Combatants for Peace