Projekt

Gräben überwinden – durch Dialog, Kooperation und Expertise

Land

Libanon

ZFD-Akteur

Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit

Konfliktkontext: Von 1975 bis 1990 tobte im Libanon ein Bürgerkrieg, der mehr als 150.000 Tote forderte. Die Folgejahre waren von Besatzung (bis 2000 durch Israel, bis 2005 durch Syrien) und gewaltsamen innenpolitischen Unruhen geprägt. 2006 gab es zudem schwere Gefechte zwischen libanesischer Hisbollah-Miliz und Israel. Die gewaltsame Vergangenheit hat Spuren im sozialen Gefüge einer ohnehin gespaltenen Gesellschaft hinterlassen. Misstrauen und Ängste haben sich breitgemacht. Ein Klima der Gewalt ist geblieben. Der Dialog zwischen den 18 anerkannten Religionsgemeinschaften und den politischen Lagern gestaltet sich schwierig. Es gibt kaum Initiativen, die sich unabhängig von religiöser, politischer, regionaler oder familiärer Färbung engagieren. Bis heute schwankt die politische Lage im Land zwischen Instabilität und Stagnation. Seit 2011 belastet der Bürgerkrieg im Nachbarland Syrien auch den Libanon. Knapp eine Million syrische Geflüchtete wurden im Libanon registriert. Geschätzt wird, dass insgesamt 1,5 Millionen Menschen im Land untergekommen sind. Der Libanon beherbergt damit im Verhältnis zur eigenen Bevölkerung die meisten Geflüchteten weltweit. Eine extreme Herausforderung für ein Land, das genug mit sich selbst zu kämpfen hat. Die Infrastruktur ist überlastet und der wirtschaftliche Druck verschärft sich. Spannungen zwischen Geflüchteten und Einheimischen nehmen zu. Seit 2013 wird der Libanon auch direkt in den Krieg in Syrien hineingezogen: Durch die Beteiligung libanesischer Akteure (Hisbollah-Miliz und sunnitische Islamisten) an den Kampfhandlungen einerseits sowie durch Vergeltungs- und Terroranschläge andererseits. Im Mai 2018 fanden die ersten Parlamentswahlen seit 2009 statt. Die Regierungsbildung gestaltete sich aufgrund stark divergierender Positionen der politischen und religiösen Lager schwierig. Erst im Januar 2019 stand das Kabinett der neuen Regierung fest. Auch wenn sich der alte und neue Ministerpräsident Saad Hariri zuversichtlich zeigt, bleibt fraglich, inwieweit es gelingen wird, die gravierenden Probleme in den Griff zu bekommen. Eine marode Wirtschaft, die zersplitterte Gesellschaft, ein Klima der Gewalt und der Bürgerkrieg in Syrien: All das macht die Situation im Libanon hochbrisant. Konflikte schlagen punktuell bereits in Gewalt um.

Projekt: Der ZFD unterstützt mit seinen libanesischen Partnerorganisationen den interreligiösen und innergesellschaftlichen Dialog. Menschen unterschiedlicher Bevölkerungsgruppen werden miteinander ins Gespräch gebracht, um der gesellschaftlichen Spaltung entgegenzuwirken. Dazu werden regelmäßige Veranstaltungsformate angestoßen und begleitet, von der Fahrradrallye bis zur Podiumsdiskussion. Bei den vornehmlich jungen Teilnehmenden handelt es sich um künftige religiöse Würdenträger, politische Nachwuchskräfte, um Medienschaffende und Studierende, aber auch um junge Erwachsene aus der allgemeinen Bevölkerung. Die wiederholte Begegnung trägt dazu bei, ein besseres Verständnis für die Sichtweisen der anderen zu entwickeln und Vorbehalte abzubauen. Nachdem ein Grundvertrauen aufgebaut ist, kann auch zielgerichtet an bestehenden Konflikten gearbeitet werden. Die Fachkräfte des ZFD bringen mit ihren lokalen Partnern Kenntnisse in gewaltfreier Kommunikation und Konfliktbearbeitung ein. Hierbei ist es hilfreich, auch kreative Wege zu gehen: In Zusammenarbeit mit der Organisation ALEF entwickelte eine ZFD-Fachkraft ein Brettspiel mit dem auffordernden Titel „Let’s talk“. Methoden gewaltfreier Konfliktbearbeitung werden anhand realer Konflikte im Rollenspiel erprobt. Das Spiel wird inzwischen im schulischen und universitären Bereich sowie in der informellen Bildung eingesetzt. An dem ZFD-Projekt „Hayda Lubnan“ (dt.: „So ist er, der Libanon“) sind fünf zivilgesellschaftliche Organisationen unterschiedlicher Gruppen und Regionen beteiligt. Schon allein das ist ein Erfolg. Erstmalig wurde ein überregionales Projekt umgesetzt: Ein gemeinsamer Fotowettbewerb mag auf den ersten Blick banal erscheinen. Im Libanon ist eine solche Kooperation jedoch ein wichtiger Schritt in eine vereinte Gesellschaft. Auch die nächste gemeinsame Aktion ist erfolgreich gestartet: Eine Trainingsreihe in gewaltfreier Konfliktbearbeitung, an der alle fünf Partnerorganisationen teilnehmen. Durchgeführt werden die Trainings von einer lokalen und einer deutschen ZFD-Fachkraft. Parallel dazu erarbeiten Jugendliche aus den unterschiedlichen Landesteilen derzeit gemeinsame Projekte. Dabei wollen sie zeigen, dass Jugendliche Gräben überwinden und für eine bessere Zukunft zusammenarbeiten können.

Projektpartner

Forum for Development, Culture and Dialogue (FDCD)
Haya Bina
Nahnoo
Utopia

Projektstandorte

Alay
Beirut
Nabatyieh
Tripoli

Zielgruppen

zivilgesellschaftliche Organisationen aus der Gemeinde-, Bildungs- und Friedensarbeit, allgemeine Bevölkerung, insbesondere Jugendliche aus Gemeinden außerhalb Beiruts, zudem Nachwuchskräfte aus Politik, Religion und Medien, künftige religiöse Würdenträger, junge Medienschaffende, Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler und Studierende

ZFD-Fachkräfte (im Einsatz)

3

Weitere Informationen

Weitere Informationen über das Projekt „Hayda Lubnan“ finden Sie in unserem Dossier Gewaltprävention.

Stand

1. Quartal 2024