Zusammenhalt fördern: Friedenspädagogische Maßnahmen und mobile Einsatzteams zur Gewaltprävention
ZFD-Akteur
Projektland
Projektlaufzeit
2017 bis 2023Konfliktkontext: Seit dem 24. Februar 2022 wird die Ukraine von russischen Streitkräften angegriffen. Der Überfall konzentriert sich derzeit auf den Osten und den Süden des Landes. Aber auch in anderen Landesteilen gibt es Kämpfe. Zudem kommt es im ganzen Land zu Raketen- und Luftangriffen, bei denen auch zivile Ziele betroffen sein können. Vielerorts ist die Versorgung mit Lebensmitteln, Medikamenten, Strom, Gas und Wasser teilweise oder ganz zusammengebrochen. Nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks wurde seit Beginn des Angriffskriegs etwa ein Drittel der Bevölkerung vertrieben. Zwischenzeitlich hatten sich mehr als zehn Millionen Menschen außer Landes geflüchtet. Bis zu sieben Millionen Menschen sind innerhalb der Ukraine auf der Flucht. Genaue Zahlen über die Anzahl der Vertriebenen und Geflüchteten gibt es aber aufgrund der unübersichtlichen Lage genauso wenig wie verlässliche Angaben zu zivilen und militärischen Opfern. Der aktuelle Konflikt hat sich seit 2014 zugespitzt. Nachdem Russland bereits im März 2014 die ukrainische Halbinsel Krim völkerrechtswidrig annektiert hatte, riefen prorussische Separatisten kurz darauf die Unabhängigkeit von Teilen der beiden Regionen Luhansk und Donezk im Osten des Landes aus. Seitdem war die Region Schauplatz kriegerischer Auseinandersetzungen zwischen prorussischen Kräften, verschiedenen Milizen und ukrainischen Truppen. Eine 2015 im „Minsker Abkommen“ vereinbarte Waffenruhe, wurde zu keiner Zeit dauerhaft eingehalten. Ab Sommer 2021 stationierte Russland vermehrt Truppen an der ukrainischen Grenze. Ab dem 24. Februar 2022 folgte der bis heute anhaltende, groß angelegte Angriff durch die russische Armee. Darunter leidet auch die Zivilbevölkerung in der Ukraine extrem. Viele bangen und kämpfen täglich um ihre Existenz. Das gesellschaftliche Klima war bereits vor dem russischen Angriffskrieg angespannt: Differenzen zwischen proeuropäischen und prorussischen Gruppen, zwischen Binnenvertriebenen und Aufnahmegemeinden, aber auch zwischen Bevölkerung und staatlichen Institutionen gingen mit einem hohen Konfliktpotenzial einher. Vor allem seit 2014 war die Schwelle zum Einsatz von Gewalt stark gesunken. Viele hatten das Vertrauen in die staatliche Ordnung verloren, verstärkt dadurch, dass die wirtschaftlichen Verhältnisse schlecht und die Möglichkeiten der Mitbestimmung gering waren. Nun gilt es umso mehr, auch mitten im Krieg, der ukrainischen Gesellschaft beizustehen und sie über akute Nothilfe hinaus in ihrer Widerstandsfähigkeit und ihrem sozialen Zusammenhalt zu stärken. Hierfür braucht es eine starke Zivilgesellschaft und Partner. Die Partnerorganisationen des ZFD haben ihre Aktivitäten an die neuen Herausforderungen angepasst, um den Menschen vor Ort bestmöglich behilflich zu sein. Die Fachkräfte des ZFD sind im permanenten Austausch mit ihnen und unterstützen sie tatkräftig, wenn auch gegenwärtig von außerhalb der Ukraine. Dabei geht es sowohl darum, den Menschen zu helfen, die akuten Krisen zu bestehen, als auch darum, die bisherigen Ziele nicht aus den Augen zu verlieren.
Projekt: Mit seinen staatlichen und nicht-staatlichen Partnerorganisationen konzentriert sich dieses ZFD-Projekt in der aktuellen Situation auf zwei Handlungsfelder. Das erste Handlungsfeld umfasst friedenspädagogische Maßnahmen zur psychologischen und sozialen Unterstützung von Lehrkräften, Schülerinnen und Schülern und deren Eltern. Aufbauend auf den zuvor in regionalen und landesweiten Schulversuchen entwickelten friedenspädagogischen Ansätzen wird die Bewältigung von emotionalem Stress und die Stärkung von Resilienz gefördert. Dazu werden Materialen erarbeitet, Online-Angebote erstellt und Multiplikatorinnen und Multiplikatoren geschult, die dann wiederum eigene Trainings- und Unterstützungsformate anbieten. Zu den entwickelten und erprobten Ansätzen zählen das „SEE Learning“ („Social, Emotional and Ethical Learning“), die „Peaceful School“, die auf Peer-Mediation und den sogenannten „Restorative Practices“ aufbaut, sowie eher praktische Ansätze, die Kunst, Theater und Musik zur Konfliktbearbeitung in den Mittelpunkt stellen. Gleichzeitig werden für die beteiligten Lehrkräfte und Psychologinnen und Psychologen Angebote zur Selbstvorsorge, wie Burnout-Prävention, mitgedacht. Zu den Maßnahmen zählt ebenfalls die Kooperation mit einem Journal für Grundschulkinder, das kindgerecht kriegsbedingte Themen aufgreift, die sich unter anderem dem Umgang mit Angst, Schlafstörungen oder dem Verhalten beim Entdecken von Minen und anderen explosiven Stoffen widmen. Das zweite Handlungsfeld dient der Konfliktbearbeitung in Gemeinden. In der derzeitigen Situation ist das zuallererst die Bearbeitung von Konflikten, die sich durch die Herausforderungen ergeben, die die große Zahl von Binnengeflüchteten im Land mit sich bringt. Hierbei geht es zum einen darum, den Binnengeflüchteten psychologische Beratung, soziale Unterstützung und rechtliche Konsultationen anzubieten. Zum anderen sollen die Kommunikation und Koordination mit den kommunalen Selbstverwaltungskörperschaften verstärkt und die lokale Bevölkerung in die Lösungsfindung einbezogen werden. Die Angebote reichen von individuellen und Gruppenangeboten bis hin zu Schulungen für Freiwillige in Techniken der Mediation, Dialogarbeit und Konfliktsensibilität. Durch mobile Einsatzteams, zum Beispiel in den Oblasten Ivano-Frankivsk oder Poltava, wurden Möglichkeiten geschaffen, auch kleinere Gemeinden und weniger mobile Bevölkerungsgruppen zu erreichen. Als gutes Beispiel hat sich ein Aufnahme-Assessment für Binnengeflüchtete erwiesen. Dieses bietet nicht nur die Möglichkeit, spezifisch auf die Bedürfnisse der häufig traumatisierten Personen einzugehen, sondern hilft durch Vertrauensaufbau auch Fälle von geschlechtsspezifischer Gewalt im Krieg aufzudecken und zu bearbeiten.
Projektpartner
Projektstandorte
Zielgruppen
ZFD-Fachkräfte (im Einsatz)
3Weitere Informationen
Dieses Projekt wird mit Mitteln aus der Sonderinitiative „Fluchtursachen bekämpfen – Flüchtlinge reintegrieren“ des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) gefördert.