Präsenz zeigen: Menschenrechtsgruppen den Rücken stärken
ZFD-Akteur
Projektland
Projektlaufzeit
2021 bis 2024Konfliktkontext: Große Teile Kenias sind von Instabilität geprägt. Vielerorts brechen gewaltsame Konflikte zwischen Ethnien aus. Wesentlicher Auslöser ist die Ungleichheit beim Zugang zu Ressourcen und Dienstleistungen (wie Bildung und Gesundheitsversorgung). Diese Ungleichheit ist auch durch die systematische Vernachlässigung bestimmter Gruppen und Regionen bedingt. Bei vielen Menschen hat sich ein Gefühl der Ausgrenzung und Benachteiligung eingestellt. Eine hohe Jugendarbeitslosigkeit, extreme Armut und ungünstige Umweltbedingungen verstärken das Konfliktpotential. Auch die hohe Zahl an (Binnen-) Geflüchteten lastet auf dem Land. Allein 475.000 Menschen aus anderen Ländern haben in Kenia Schutz gesucht (UNHCR, 31.1.19). Anschläge der Terrormiliz al-Shabaab destabilisieren Kenia seit 2011 zusätzlich. Zuletzt erfolgte im Januar 2019 ein Anschlag in der Hauptstadt Nairobi. Die Regierung hat im Namen der nationalen Sicherheit Grundrechte eingeschränkt und auch die Arbeit von zivilgesellschaftlichen Organisationen erschwert. Wer sich für Gerechtigkeit und Menschenrechte einsetzt, läuft Gefahr, diffamiert, bedroht, angegriffen oder verhaftet zu werden. In den letzten Jahren kam es vermehrt zu außergerichtlichen Hinrichtungen, Folter und Gewalt durch Sicherheitskräfte. Im Anschluss an die Präsidentschaftswahlen 2007 erschütterten gewaltsame Unruhen das Land. Innerhalb weniger Wochen waren mehr als 1.200 Todesopfer und über 600.000 Binnenvertriebene zu beklagen. Tief verwurzelte ethnische und soziale Spaltungen wurden sichtbar. Auch die Wahlen 2017 gingen mit wochenlangen Unruhen einher, die aber weniger blutig verliefen. Doch das Gerangel um die Wahl hat das Land weiter polarisiert. Der erste Urnengang wurde für ungültig erklärt. Die Neuwahlen wurden von der Opposition boykottiert. Bei geringer Wahlbeteiligung wurde Präsident Uhuru Kenyatta für eine weitere Amtszeit bestätigt. Sein Kontrahent Raila Odinga ernannte sich daraufhin zum „Präsidenten des Volkes“. Die Lage beruhigte sich, als sich Kenyatta und Odinga im März 2018 überraschend auf einen „Unity Deal“ einigten. Darin liegt grundsätzlich das Potenzial, das Land zu einen und zu stabilisieren. Bislang bleiben die Übereinkünfte jedoch zu vage. Das Konfliktpotential ist ungebrochen.
Projekt: Die Zivilgesellschaft in Kenia gerät zunehmend unter Druck: Menschenrechtsverteidigerinnen und Friedensaktivisten werden immer häufiger diffamiert, kriminalisiert und bedroht. Insbesondere in den informellen Siedlungen wird ihre Arbeit durch willkürliche Verhaftungen und langwierige Gerichtsverfahren erschwert. Gewalt durch Sicherheitskräfte stellt für sie eine reale Gefahr dar, das schließt auch Hinrichtungen und Verschwindenlassen mit ein. Daher stärkt der ZFD Personen und Organisationen, die sich für Gerechtigkeit einsetzen, den Rücken. Hierzu begleiten die ZFD-Fachkräfte gefährdete Personen und zeigen bei Veranstaltungen und Aktionen Präsenz. Durch die internationale Schutzbegleitung, durch Sicherheitstrainings und Lobbyarbeit können sie in relativer Sicherheit arbeiten. Darüber hinaus wird der Dialog mit politischen Autoritäten innerhalb Kenias, aber auch mit Schlüsselakteure der internationalen Gemeinschaft gesucht, um den Schutz der Menschenrechte voranzubringen. Eine der Partnerorganisationen ist das Mathare Social Justice Centre (MSJC). MSJC setzt sich gegen die Gewalt und Ungerechtigkeit zur Wehr – durch Dokumentation, Diskussion und Aktion. Vorkommnisse werden registriert und geprüft. Beratungsangebote helfen den Menschen, Gewalterfahrungen zu verarbeiten und anzuklagen. Dialogveranstaltungen bringen brisante Themen zur Sprache. Demonstrationen schaffen Aufmerksamkeit und üben gewaltfrei Druck auf die politisch Verantwortlichen aus. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Unterstützung weiblicher Menschenrechtsverteidigerinnen (Women Human Rights Defender, WHRD). „Es ist schon bedrohlich genug, eine Frau in Kenia zu sein. Aber es ist noch sehr viel bedrohlicher als Menschenrechtsaktivistin“, bringt eine der begleiteten Personen den Unterstützungsbedarf auf den Punkt. Ein gemeinsam entwickeltes digitales Toolkit (= Werkzeugkasten) enthält grundlegende Informationen, Handlungsempfehlungen und Anlaufstellen sowohl für Betroffene, als auch für Engagierte. Darüber hinaus wurden 15 WHRD als „Toolkit-Organisers“ geschult. Sie bilden ein Netzwerk, das sich in fünf informellen Siedlungen Nairobis für die Rechte von Mädchen und Frauen stark macht.