Projekt

Mit Dialog zur Deeskalation: Zivilgesellschaft und Sicherheitskräfte gehen aufeinander zu

Land

Guinea
Westafrika

ZFD-Akteur

Weltfriedensdienst

Konfliktkontext: Nach seiner Unabhängigkeit 1958 wurde Guinea jahrzehntelang durch autoritäre und gewalttätige Regime herabgewirtschaftet. Es kam zu schweren Menschenrechtsverletzungen, die bis heute kaum aufgearbeitet wurden. Politische Aktionen für freie Wahlen und Demokratie führten immer wieder zu gewaltsamen Zusammenstößen mit Polizei und Militär. Trauriger Höhepunkt war ein Massaker im Stadion von Conakry 2009. Der Protest der Bevölkerung führte letztlich zu freien Wahlen. Mit dem Übergang von militärischer zu ziviler Regierung im Dezember 2010 war die Hoffnung auf Rechtsstaatlichkeit, wirtschaftliche Entwicklung und gesellschaftliche Aussöhnung verbunden. Politische Unruhen, staatliche Willkür, Korruption, Übergriffe gegen die Zivilbevölkerung und eskalierte Auseinandersetzungen zwischen gesellschaftlichen Gruppen sind jedoch weiter an der Tagesordnung. Die Jahrzehnte der Unterdrückung haben ein Klima der Gewalt hinterlassen. Großes Konfliktpotenzial liegt in der verbreiteten Frustration über die miserablen Lebensbedingungen und der daraus folgenden Perspektivlosigkeit. In den Städten kommt es regelmäßig zu Demonstrationen und Straßenkämpfen zwischen Sicherheitskräften und Demonstrierenden, aber auch zu gewaltsamen Übergriffen gegen Oppositionelle. Konfliktverschärfend wirkte sich 2014 zudem die Ebola-Epidemie aus. Auch der Zuzug von zwischenzeitlich einer Million Geflüchteter aus den Nachbarländern hat Guinea vor eine zusätzliche Belastungsprobe gestellt. 2013 fanden zum ersten Mal seit mehr als einem Jahrzehnt Parlamentswahlen statt. Das Parteienbündnis um Präsident Alpha Condé konnte die Wahlen knapp für sich entscheiden. Die Opposition erhob jedoch Vorwürfe der Wahlmanipulation. All dies offenbart, dass einer friedlichen und demokratischen Entwicklung Guineas noch viele Steine im Weg liegen: Ohne Aufarbeitung der Vergangenheit, ohne Überwindung gesellschaftlicher Gräben, ohne Entwicklung einer konstruktiven Konfliktkultur, ohne Festigung demokratischer Strukturen, aber auch ohne wirtschaftlichen Aufschwung bleibt die Gefahr der Eskalation bestehen.

Projekt: Zusammen mit der guineischen Menschenrechtsorganisation OGDH hat der ZFD ein landesweites Netzwerk von Friedenskomitees aufgebaut, das sich inzwischen als unabhängiger Verband positioniert. Jedes Komitee besteht aus angesehenen Mitgliedern der städtischen oder ländlichen Gemeinde mit unterschiedlichem sozialen, ethnischen und religiösen Hintergrund. Bei aufkommenden Konflikten bringen sie die Konfliktparteien an einen Tisch, um die Probleme gewaltfrei zu verhandeln. Wenn Stimmungen hochkochen – mitunter kann bereits ein Gerücht zu Ausschreitungen führen – bemühen sie sich um Klarstellung und Deeskalation. Die Tatsache, dass die Mitglieder alle gesellschaftlichen Gruppen repräsentieren und zudem ehrenamtlich und unentgeltlich agieren, macht sie vertrauenswürdig. Weil sie in der Gemeinde verankert sind und die Belange der Menschen kennen, hat ihr Handeln Gewicht. Mittlerweile sind Komitees auf regionaler, kommunaler und lokaler Ebene installiert. Allein 160 lokale Gruppen sind über ganz Guinea verteilt aktiv. Die „Nationale Friedenskoalition Guineas“ (CNPG) fungiert als Dachverband sämtlicher Friedenskomitees – und ist zugleich der Motor des Netzwerks. Der Dachverband bezieht Stellung zu Konfliktursachen wie Straflosigkeit und schlechter Regierungsführung. Aus der Projektarbeit des ZFD ist auch die Plattform junger städtischer Aktivistinnen und Aktivisten für Demokratie und Entwicklung hervorgegangen. Hier ziehen die Führerinnen und Führer von 35 Aktionsgruppen an einem Strang. Sie entwickeln gewaltfreie Strategien für den politischen Kampf, suchen den Dialog mit Polizei und Gendarmerie und werden in der Öffentlichkeit als Stimme der Jugend beachtet, die Selbsthilfe leistet, aber auch konkrete Forderungen an den Staat artikuliert. Die Fachkräfte des ZFD beraten die Partnerorganisationen in gewaltfreier Konfliktbearbeitung, Netzwerkentwicklung und Öffentlichkeitsarbeit. Sie organisieren auch gemeinsame Workshops zwischen Staat, Sicherheitskräften und Zivilgesellschaft.

Projektpartner

Coalition Nationale pour Ia Paix en Guinée (CNPG)
Plateforme des Jeunes leaders de l'axe pour la Démocratie et le Développement (PJDD)

Projektstandorte

Conakry
Labé
Landesweit

Zielgruppen

Mitarbeitende der CNPG, Mitglieder der Friedenskomitees sowie deren Zielgruppen (lokale Bevölkerung, lokale und kommunale Politik, Verwaltung und Sicherheitskräfte), zentralstaatliche Institutionen (Militär, Gendarmerie und Polizei), Jugendliche und junge Erwachsene in Conakry

ZFD-Fachkräfte (im Einsatz)

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Weitere Informationen

Mehr Informationen über das Engagement des ZFD in Guinea finden Sie in unserem Dossier Gewaltprävention.

Stand

2. Quartal 2023