Projekt
Frieden von innen: den Friedensprozess in die Hand nehmen
Land
ZFD-Akteur
Konfliktkontext: Kolumbien wird seit über fünfzig Jahren von Konflikten zwischen Militär, Paramilitär und Guerilla erschüttert. Darunter leidet insbesondere die Bevölkerung. Seit 1964 sind über 220.000 Tote zu beklagen, davon schätzungsweise 80 Prozent Zivilistinnen und Zivilisten. Über sieben Millionen Menschen waren gezwungen, ihre Dörfer zu verlassen. Die extreme Konzentration von Landbesitz in den Händen weniger Menschen war ein zentraler Auslöser der bewaffneten Konflikte. Daran hat sich nichts geändert, im Gegenteil: Land wurde beschlagnahmt, verwüstet, vermint oder für Bergbau und Großplantagen vereinnahmt, etwa zum Anbau von Palmöl und Biokraftstoffen. Dort, wo Landwirtschaft eine wesentliche Existenzgrundlage ist, ist diese Situation fatal. Vor allem in ländlichen Gebieten stehen viele Menschen mit zu wenig Land da. Die Unterzeichnung des Friedensabkommens zwischen der kolumbianischen Regierung und der größten Guerillagruppe FARC im September 2016 war ein historischer Schritt in Richtung Frieden. Landrechte waren ein zentrales Thema der Vereinbarung. Doch die Umsetzung des Friedensvertrags läuft schleppend. Die Institutionen zur Aufarbeitung des Konflikts haben ihre Arbeit zwar aufgenommen, doch die Kapitel politische Partizipation und Landreform wurden bislang kaum angegangen. Die Konfliktursachen, darunter auch die massive soziale Ungleichheit, sind längst nicht behoben. Diverse Guerillagruppen und Paramilitärs kämpfen weiterhin um die Macht über Ressourcen, Bodenschätze und Drogen. Das nach dem Abzug der FARC entstandene Machtvakuum kann bislang nur unzureichend durch staatliche und gesellschaftliche Strukturen gefüllt werden. Im August 2019 hat eine Splittergruppe der FARC den bewaffneten Widerstand wiederaufgenommen. Auch die 2017 begonnenen Friedensgespräche mit der zweitgrößten Guerillagruppe ELN sind vorerst gescheitert. Nach einem Anschlag der ELN in Bogotá im Januar 2019 hat die Regierung den Dialog aufgekündigt. Die Hoffnung, die 2016 aufkeimte, ist bei vielen inzwischen wieder verflogen. Bedrohung und Gewalt gehören weiterhin zum Alltag der Menschen in Kolumbien. Auch Ungerechtigkeit und soziale Ungleichheit dauern an. Wer sich für Gerechtigkeit einsetzt, ist heute sogar gefährdeter als 2016. Umso wichtiger ist es, Bevölkerung und Zivilgesellschaft weiterhin zu stärken.
Projekt: Das Projekt konzentriert sich auf drei Handlungsfelder: 1. die Bearbeitung von Land-, Umwelt- und Ressourcenkonflikten, 2. den Umgang mit der gewaltbelasteten Vergangenheit und Gegenwart und 3. die Förderung einer Friedenskultur. Rund 20 ZFD-Fachkräfte unterstützen ein breites Spektrum an Partnerorganisationen, darunter kirchliche Institutionen und zivilgesellschaftliche Organisationen sowie lokal, regional und national wirkende Akteurinnen und Akteure. Die kolumbianischen Partner werden darin gestärkt, auf der Grundlage des Friedensvertrags von 2016 die Umsetzung fundamentaler Rechte in Bezug auf Land und Landnutzung sowie die Aufarbeitung und Eindämmung von Gewalt beim Staat einzufordern und sich für die Gestaltung gewaltfreier sozialer Beziehungen einzusetzen. Durch Vernetzung, Fortbildung, gemeinsame Analyse, Austausch, Kommunikation und Advocacy-Arbeit werden die Partner gestärkt, damit sie Menschenrechtsverletzungen dokumentieren, öffentlich machen, zur Wahrheitsfindung beitragen und sich für die Rechte der indigenen und afrokolumbianischen Gemeinden einsetzen können. Die ZFD-Partner arbeiten mit Gemeinden, Netzwerken und ethnisch-territorialen Strukturen zusammen, und suchen auch Kontakt zu staatlichen Institutionen. Das Projekt richtet sich vor allem an die Benachteiligten der kolumbianischen Gesellschaft, insbesondere afrokolumbianische, indigene und bäuerliche Gemeinden. Medien und Netzwerke werden in die Projektarbeit eingebunden, damit sie auf Missstände, aber auch auf konstruktive Wege aus Konflikten aufmerksam machen. Auf lokaler Ebene arbeiten die Fachkräfte des ZFD mit den Partnerorganisationen daran, bestehende Streitigkeiten, aber auch die Folgen zurückliegender Konflikte konstruktiv anzugehen. Das Engagement richtet sich verstärkt auf die Vermittlung in aktuellen Landkonflikten. Dazu werden die unterschiedlichen Konfliktparteien an einen Tisch gebracht. Wenn es um Bergbau- und Agrargroßprojekte geht, ist es wichtig, dass die betroffenen Gemeinden ihre Rechte kennen und Einblick in die Entscheidungsprozesse haben. Erst dann sind sie in der Lage, ihre Interessen zu vertreten und ihre Rechte einzufordern.