Frauenpower für den Frieden
ZFD-Akteur
Projektland
Projektlaufzeit
2021 bis 2024Konfliktkontext: Seit der sudanesischen Unabhängigkeit 1956 hat das Land nur wenige Jahre der Demokratie, und nur wenige Jahre ohne Bürgerkrieg erlebt. Die Militärdiktatur von Omar Al-Bashir und der Nationalen Kongresspartei (NCP) von 1989 bis 2019 verfestigte die grundlegenden Konfliktursachen: Sogenannte arabische Ethnien sind privilegiert, nicht-arabische und nicht-muslimische Menschen sind struktureller und direkter Diskriminierung ausgesetzt. Der Militär- und Sicherheitsapparat verschlingt große Summen der Öleinnahmen in dem ansonsten bitterarmen Sahel-Land. Militaristische und auf Feindbilder aufgebaute Diskurse dominieren die Öffentlichkeit und das Bildungswesen. Nach der weitgehend friedlich verlaufenen Unabhängigkeit des Südsudan 2011 wurde versucht, die Identität des Landes noch stärker als homogen arabisch-muslimisch zu definieren. Gleichzeitig wurde Krieg in den nicht-arabisch geprägten Regionen Darfur, Blue Nile und Südkordofan (Nuba-Berge) geführt, und viele Regionen strukturell vernachlässigt, sodass selbst die Grundversorgung in den Bereichen Bildung, Gesundheit und Infrastruktur nicht gewährleistet ist. Insbesondere Frauen und Minderheiten waren und sind von den Auswirkungen mehrfach betroffen. Hinzu kommt, dass Frauen in der traditionellen sudanesischen Gesellschaft eine untergeordnete Rolle spielen. Gleichzeitig wurden zivile und bürgerliche Rechte massiv unterdrückt, was einerseits zu weiteren Kosten im Sicherheitsapparat führte, und andererseits eine gewaltfreie konstruktive Konfliktaustragung und Veränderung im Land erschwerte. Die im Dezember 2018 begonnene gewaltfreie Revolution erreichte am 9. April 2019 den Sturz des Diktators Omar Al-Bashir. Die beharrlichen und kreativen Proteste führten schließlich dazu, dass eine Übergangsregierung gebildet wurde, mit einem Übergangsrat aus 11 militärischen und zivilen Personen, mit wechselndem Vorsitz. Im August 2021 hat der Übergangsrat die Auslieferung Omar Al-Bashirs an den Internationalen Strafgerichtshof in den Haag beschlossen.
Projekt: Der Sudan befindet sich in einer historischen Übergangsphase. Nach 30 Jahren Diktatur gibt es berechtigte Hoffnung auf Frieden. Die Spielräume der Zivilgesellschaft sind gewachsen. Die Partnerorganisation des ZFD nutzen die Gunst der Stunde und setzen sich dafür ein, dass Frauen bei der Gestaltung dieser Übergangsphase zu Wort kommen, insbesondere Frauen, die in mehrfacher Hinsicht benachteiligt sind. Das Projekt wird in Kooperation mit der „Bana Group for Peace and Development“, einem Netzwerk von Menschenrechtsverteidigerinnen aus verschiedenen Regionen des Sudans, umgesetzt. Es baut auf einer 2021 abgeschlossenen Erkundungsphase auf. Die hier bereits systematisch erfassten Anliegen benachteiligter Frauen sollen nun auf regionaler, nationaler und internationaler Ebene eingefordert und bestenfalls auch gesetzlich verankert werden. Dazu werden mithilfe des ZFD die Menschrechtsverteidigerinnen des Netzwerks und ihre lokalen Gemeinschaften durch Training und Beratung gestärkt, damit sie die Position benachteiligter Frauen in die gesellschaftlichen und politischen Veränderungsprozesse einbringen können. Das Bana-Netzwerk wurde 2018 mit dem Ziel gegründet, die Zusammenarbeit von Menschenrechtsverteidigerinnen über ethnische Grenzen hinweg sudanweit zu stärken, und lokal sowie landesweit auf eine gerechtere, friedlichere und freiere Gesellschaft hinzuwirken. Zu diesem Zweck wird im Rahmen des Projekts auch die gemeinsame Advocacy- und Kampagnenarbeit ausgebaut, die für die Einhaltung der Menschenrechte sowie die Aufarbeitung der begangenen Menschenrechtsverletzungen eintritt. Darüber hinaus setzen sich die Mitglieder von Bana, darunter Lehrerinnen, Agraringeneurinnen, Juristinnen und Sozialarbeiterinnen, auch ganz konkret für eine konstruktive Bearbeitung bestehender Konflikte auf lokaler und Gemeindeebene ein. Dabei werden zunehmend auch Konflikte relevant, die durch den Klimawandel verschärft werden, insbesondere durch die Verknappung von Acker- und Weideland. „Wir können die Menschen für das Problem sensibilisieren und insbesondere die Konsequenzen für das Leben der Frauen deutlich machen“, erklärt die Bana-Koordinatorin und Geschäftsführerin Samia Ali. „Bewusstseinsbildung ist eine wichtige Voraussetzung für einen gewaltfreien Umgang mit Konflikten.“ Wenn es gelingt, alle Konfliktparteien an einen Tisch zu bringen, um die Probleme gemeinsam anzugehen, werden zugleich Trennlinien und Vorurteile überwunden.