Projekt

Auf Vertrauen bauen: Rückkehr erleichtern, erneute Vertreibung verhindern

Land

Äthiopien

ZFD-Akteur

Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit

Konfliktkontext: Der Vielvölkerstaat Äthiopien beherbergt über 80 Ethnien. Eine übergreifende nationale Identität besteht allerdings nur in Ansätzen. Das Land wird seit 1995 nach den Prinzipien eines dezentralen, ethnischen Föderalismus regiert. Dennoch übte die von den ethnischen Gruppen der Tigray und Amhara dominierte Zentralregierung über Jahre großen Einfluss auf allen politischen Ebenen aus. Mit der Wahl des neuen Premierministers 2018 Dr. Abiy Ahmed Ali hat eine Zeit der Reformen und Liberalisierung begonnen. Mit ihm wurde erstmals ein Angehöriger der ethnischen Gruppe der Oromo Premierminister. Die Oromo, mit 35 Prozent die größte ethnische Gruppe im Land, fühlten sich über Jahrzehnte politisch und wirtschaftlich benachteiligt. Ihr Unmut entlud sich immer wieder in massiven Protesten, die von Sicherheitskräften teils gewaltsam niedergeschlagen werden. Die Ernennung Abiy Ahmeds zum Premierminister stärkte zunächst die Hoffnung auf Versöhnung der Bevölkerungsgruppen, zumal seine Regierung umfassende Reformen einleitete, um das Land zu demokratisieren und die Wirtschaft anzukurbeln. Denn trotz eines hohen Wirtschaftswachstums leben etwa 30 Prozent der Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze. Klimatische Veränderungen, langanhaltende Dürren auf der einen und extreme Regenfälle und Überflutungen auf der anderen Seite, erschweren die Situation. Der innenpolitische Umbruchprozess bringt zwar mehr bürgerliche Freiheiten und eröffnet Möglichkeiten regionaler Selbstbestimmung, er lässt aber auch alte Konflikte wieder aufbrechen. Die Konkurrenz um knappe Land- und Wasserressourcen, Streit um Siedlungsgebiete und die Autonomiebestrebungen einzelner Ethnien entladen sich immer wieder in gewalttägigen Auseinandersetzungen und führen in Teilen des Landes zu Flucht und Vertreibung. Ende 2020 waren rund 1,8 Millionen Menschen als Geflüchtete im eigenen Land registriert. Tief verwurzeltes Misstrauen zwischen den unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen und der Zusammenbruch lokaler, staatlicher Strukturen, wie zum Beispiel der Friedenskomitees, verschärfen die Konflikte. Seit November 2020 ist vor allem die Lage in der Region Tigray im Norden des Landes zu bürgerkriegsähnlichen Auseinandersetzungen eskaliert. Vordergründiger Auslöser war die Entscheidung der Zentralregierung, die anstehenden Parlamentswahlen aufgrund der COVID-19-Pandemie um knapp ein Jahr auf den 5.6.21 zu verschieben. Auch in den ZFD-Projektregionen SNNPR, Sidama und Oromia werden Auseinandersetzungen häufig mit Gewalt ausgetragen. Ein Konflikt zwischen den Ethnien der Gedeo und Guji gipfelte 2018 in der Vertreibung von 600.000 Menschen. Die meisten von ihnen sind inzwischen in ihre Gebiete zurückgekehrt. Dennoch kommt es punktuell weiterhin zu Gewalt, sodass Angst und Misstrauen vorherrschen, und die Sicherheitslage angespannt bleibt. Insgesamt steht Äthiopien derzeit vor erheblichen Umbrüchen und Zerreißproben.

Projekt: In Äthiopien setzt sich der ZFD seit vielen Jahren für eine gewaltfreie Bearbeitung von Land- und Ressourcenkonflikten ein, zuletzt vor allem in der Region Oromia. Mittlerweile hat er sein Engagement auf die besonders stark von Flucht und Vertreibung betroffenen Gebiete Gedeo/Guji in der Region SNNPR und die 2020 neu gegründete Region Sidama ausgeweitet. Anknüpfend an bereits erreichte Erfolge in der Dialogarbeit (vgl. die Beschreibung zum Schwesterprojekt „Mit Vertrauen und Dialog Land- und Ressourcenkonflikte entschärfen“) konzentrieren sich der ZFD und seine lokalen Partnern in diesen Gebieten darauf, zerstörte Beziehungen zwischen den Bevölkerungsgruppen wiederaufzubauen, zurückgekehrten Binnenvertriebenen die Wiedereingliederung zu erleichtern und damit auch weiterer oder erneuter Vertreibung vorzubeugen. Dazu arbeitet der ZFD mit zivilgesellschaftlichen und kirchlichen Organisationen, staatlichen Institutionen, traditionellen und religiösen Autoritäten zusammen. Es geht darum, durch Austausch und gemeinsame Lernprozesse Vorurteile abzubauen und das Vertrauen untereinander zu fördern. Kreative und kulturelle Veranstaltungen tragen zum Vertrauensaufbau und zur Reintegration von Binnengeflüchteten bei. Führungspersonen aus Kirche, Staat und traditionellen ethnischen Strukturen werden in der Bearbeitung von Konflikten ebenso gestärkt wie bei der konfliktsensiblen Wahrnehmung ihrer Mandate. Medienschaffende werden in verantwortungsvollem Journalismus geschult. Denn sowohl Medien als auch Führungspersönlichkeiten können in der Bearbeitung und Deeskalation von Konflikten entscheidenden Einfluss ausüben. Ergänzend zu diesen Maßnahmen werden lokale Bevölkerungsgruppen über ihre Rechte und Pflichten als Bürgerinnen und Bürger informiert. Vor allem Frauen und Jugendliche, die in der traditionell geprägten Gesellschaft Äthiopiens wenig Gehör finden, werden adressiert, damit sie sich konstruktiv an der Bearbeitung von Interessenkonflikten in ihren Gemeinden beteiligen können.

Projektpartner

Danish Refugee Council (DRC)
Ethiopian Evangelical Church Mekane Yesus (EECMY)
International Organization for Migration (IOM)
Kale Hiwot Church Development Commission
Life and Peace Institute (LPI)
Ministry of Peace (MoP)
National Disaster and Risk Management (NDRMC)
Norwegian Refugee Council (NRC)
Oromia Bureau of Administration and Security (OBAS)
Oromia Pastoralist Association (OPA)
PACT
Peace and Development Centre (PDC)
Resource Center for Civil Society Groups Association (RCCSGA)
Southern Nations Security Bureau (SAB)
Trocaire
UNDP
UNWomen

Projektstandorte

Addis Abeba
Gedeo
Guji
Hawassa
Oromia
Sidama
SNNPR (Southern Nations, Nationalities, and Peoples' Region)

Zielgruppen

Führungspersonen aus unterschiedlichen gesellschaftlichen Bereichen, die lokalen Bevölkerungsgruppen in den Gebieten Gedeo/Guji und der Region Sidama, Vertreterinnen und Vertreter lokaler staatlicher Strukturen, traditionelle und religiöse Autoritäten sowie Medienschaffende

ZFD-Fachkräfte (im Einsatz)

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Weitere Informationen

Dieses Projekt wird mit Mitteln aus der Sonderinitiative „Fluchtursachen bekämpfen – Flüchtlinge reintegrieren“ des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) gefördert.

Stand

2. Quartal 2023